Meine Zeit steht in deinen Händen.

Psalm 31, Vers 16

Was ist Zeit? Das kann niemand sagen. Auch nicht, wie lang eine Sekunde
“wirklich” ist, kann man diese doch unendlich weiter in allerkleinste Zeiträume unterteilen, in denen immer noch etwas geschieht.

Vielleicht ließe sich ein ganzes Menschenleben in einer Sekunde unterbringen, die dem Betreffenden dann so lange vorkäme, wie uns ein “normales” Leben vorkommt? Immerhin gibt es Nahtoderlebnisse, in denen innerhalb einer Sekunde nochmals das ganze Leben, in allen Einzelheiten, vor dem geistigen
Auge abläuft und manchmal sogar nochmals erlebt wird.

Die Dauer einer Sekunde haben Physiker und Astronomen willkürlich festgelegt. Man hat die Dauer einer Erdumdrehung in 24 Stunden unterteilt, die Stunde wiederum in 60 Minuten und die Minute in 60 Sekunden.

Das ist allerdings ein sehr grobes Maß, das heutigen Anforderungen, bereits
im Sport, nicht mehr genügt. Ich habe hier mal eine tolle Definition gelesen, wonach eine Sekunde das 9.192.631.770-fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids 133Cs entsprechenden Strahlung entspricht.

Weil sich auch winzigste Zeiträume gewaltig aufaddieren können, sind solche
Definitionen sicher brauchbar und notwendig. Ich kann damit aber nichts anfangen. Mir reicht es, dass meine Armbanduhr funkferngesteuert ist, und
ich damit zurechtkomme.

Solche Uhren sind übrigens nicht teuer, und da frage ich mich manchmal warum manche Leute Uhren für zigtausende Euros kaufen, die auch nicht
genauer gehen als eine Funkuhr.

Gibt es einen allerkürzesten Zeitraum, der sich nicht weiter unterteilen lässt
und auf der anderen Seite einen ebensolchen, der sich nicht weiter verlängern
ließe, und wo es jedes Mal sinnlos wird, noch von Zeit zu sprechen?

Hierüber kann nur spekuliert werden.

Mein alter Pfarrer fragte uns Jungen mal was Zeit ist um darauf gleich die
Antwort “Zeit ist Gnade” zu geben. Die Kirchturmuhr soll uns auch daran
erinnern was die Stunde geschlagen hat. “Hört ihr Leute lasst euch sagen, die
Uhr hat eben zwölf geschlagen, Zwölf das ist das Ziel der Zeit, Mensch
bedenk die Ewigkeit!”

Ich denke, dass ist es, auch wenn man heute für derartige Poesie nicht mehr viel Sinn hat.

Wenn wir wissen, dass die Zeit Gott gehört und letztlich Gnade ist, können wir gelassener bleiben und müssen uns nicht ständig in Stress bringen. Denn stimmt es wirklich, dass wir “keine Zeit” haben? Solange wir leben, haben wir jede Menge Zeit! Wenn wir, in des Wortes voller Bedeutung, wirklich keine
Zeit mehr haben, sind wir tot.

Wir sollen die unwiederbringliche und damit kostbare Zeit deshalb nicht totschlagen, was dem im Stress verschwenden gleichkommt, sondern etwas Sinnvolles und Erfüllendes aus ihr machen. Das müssen wir uns und anderen, immer wieder bewusst machen.

Gott wird uns dereinst fragen, was wir mit der uns von ihm geschenkten
Zeit angefangen haben.

Martin Luther sagte: Ich habe heute soviel zu tun, ich weiß gar nicht, wo
ich zuerst anfangen soll. Deshalb muss ich zuerst einmal beten.

Und das war keine Zeitverschwendung, denn das Gebet verhalf ihm dazu, Zeit zu gewinnen, weil er plötzlich klarer sah.

Wenn wir unser Leben allezeit in der Gemeinschaft mit Gott, aus dem Glauben heraus und im Gebet leben, können wir die Erfahrung machen, dass die
Zeit langsamer zu laufen scheint und wir in einer bestimmten Zeit mehr, als sonst üblich, fertigbringen, und das in aller Gelassenheit. Gott kann uns unsere Zeit zusätzlich segnen.

Und nicht nur das. Letztendlich werden wir zubereitet für den Ruf Gottes aus
dieser Welt mit ihrer Zeitlichkeit. Wir wissen dann, dass wir getrost alles in die Hände Gottes zurücklegen können, der für das Weitere sorgen wird.

Jörgen Bauer

Jörgen Bauer