Und weil die Ungerechtigkeit überhandnehmen wird, wird die Liebe in vielen erkalten.

Matthäus 24, Vers 12

In der gestrigen Betrachtung ging es um den Schaden an der Seele. Seelen-
schäden können auch mit der “erkalteten Liebe” zusammenhängen. Denn
ohne Liebe kann niemand leben, wobei es schon ausreicht, dass man als Mensch wahrgenommen und bejaht wird.

Nach den Worten Jesu ist Ungerechtigkeit ein “Liebeskiller”.

Was sind die Merkmale von “Ungerechtigkeit”?

Hier ist zu sehen, dass die Begriffe Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit in der Bibel mehr sind, als nur juristische Begriffe. Gerecht ist, wer aufrichtig in Gottes Geboten wandelt. Das Gegenteil davon ist ungerecht.

Schauen wir uns mal um, wie es da bei uns aussieht.

Zum Ideal wurden die Worte, “ich”, “mir”, “mein”, “mich” erhoben. Daraus
resultierten immer mehr Freiheiten auf allen Gebieten. Das wäre an sich nicht
schlimm, wenn man dabei beachtet hätte, dass eine Zunahme von
Freiheit auch eine Zunahme von Verantwortung bedeutet. Das heißt, dass der
Einzelne für die Folgen seines Tuns einstehen und sich im übrigen sozial verhalten muss.

Dem ist aber nicht so, was schon daran erkennbar ist, dass Untaten schöngeredet und verharmlost und Geschädigte “übersehen” werden. So sank die Verantwortung im umgekehrt proportionalen Verhältnis zur Zunahme der Freiheit.

Dazu passt die unverbindliche Lust- und Spaßgesellschaft, wo selbst die
banalsten Tätigkeiten danach gemessen und beworben werden, ob bzw. dass sie “Spaß” machen. (Im untergehenden, einst mächtigen römischen Weltreich, wurde damals die Parole “Brot und Spiele” ausgegeben.)

Erkennbar ist das auch an zügellosen raffgierigen Geschäftemachern und Finanzjongleuren, denen die Politik nichts entgegenzusetzten hat, weil ihr
Tun, rechtlich gesehen, legal ist oder sich zumindest in einer Grauzone
bewegt, wo man “nichts machen” kann.

Sinn einer Rechtsordnung ist es, den Schwachen vor dem Stärkeren zu
schützen. Mit manchen Gesetzen, wird durch eine schlampige hoppla-hopp
Gesetzgebung, aber das genaue Gegenteil bewirkt.

Die Folgen, die aus einer rücksichtslosen Haltung erwachsen, die nur die eigene Gewinnmaximierung sieht und die Menschen nach ihrem Marktwert
beurteilt, schlagen nach unten durch, mit der Folge, dass sich jeder selbst der Nächste ist, wodurch die Liebe dann zwangsläufig erkalten muss.

Sind wir als Christen gezwungen hier mitzuspielen?

Noch ist es nicht so schlimm, wie es in den Versen beschrieben ist, die vor dem Vers 12 kommen, wo es um Kriege, Kriegsgeschrei, Aufruhr, Hungersnot, Bedrängnis und Erdbeben geht. Noch lässt es sich bei uns,
im Verhältnis zu anderen Teilen der Welt, gut leben.

Aber egal, wie weit die Zeit fortgeschritten ist: Niemand hindert uns daran durch unser Tun ein Zeugnis für unseren Herrn und das Evangelium zu sein. Denn auch wenn wir selbst bedrängt sind, kann es dadurch, dass wir uns anders verhalten, nicht schlimmer, sondern allenfalls erträglicher werden.

Jörgen Bauer