Aber Jesus schrie abermals laut und verschied. Und siehe, der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücke von oben an bis unten aus. Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen standen auf und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen.
Als aber der Hauptmann und die mit ihm Jesus bewachten das Erdbeben sahen und was da geschah, erschraken sie sehr und sprachen: Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!

Matthäus 27, Verse 50 bis 54

Wenn der Sohn Gottes, der, durch den, in dem und zu dem alle Dinge geschaffen sind, Menschengestalt angenommen hat und als Mensch zu unserer Erlösung stirbt, dann ist das ein Ereignis, an dem die ganze Schöpfung teilhat.

Der Evangelist Lukas berichtet hier zusätzlich von einer Verfinsterung, die von
der sechsten bis zur neunten Stunde über das ganze Land kam und dass die
Sonne ihren Schein verlor.

Wie gut und heilsam für uns, wenn wir das Sterben Jesu als den entscheidenden und größten Sieg aller Zeiten über die Mächte der Finsternis und des Todes begreifen und davon absehen, Jesu Leiden und Sterben auf eine Art “Solidaritätshandeln” mit den Leidenden in dieser Welt zu reduzieren, wie das in Sozialpredigten häufig geschieht.

Matthäus beschreibt die sichtbaren Folgen dieses Sieges in eindrücklichen
Worten.

Der Vorhang im Tempel, der den Zugang zum Allerheiligsten und damit den
Zugang zu Gott, verschloss, zerriss von oben bis unten. Bislang durfte nur
der Hohepriester einmal im Jahr, am großen Versöhnungstag, das Allerheiligste betreten und sich damit Gott nahen. Nach dem Sieg Jesu ist dieser Zugang zu Gott jederzeit und für alle Menschen frei. Jeder darf sich Gott nahen.

Die Erde erbebte, die Felsen zerissen, die Gräber taten sich auf, und es kam
zu einer ersten Auferstehung, derer, die in ihrem Leben Jesu angehört hatten. Deutlicher kann man den Sieg Jesu über den Tod nicht sichtbar machen und
dass der Tod, über diejenigen, die Jesus angehören, keine Macht mehr hat.

Was für ein Trost für uns!

Und nicht nur das. Der heidnische Hauptmann und die römischen Soldaten, die befehlsgemäß die Kreuzigung durchführten und mit Jesus und dem
Evangelium überhaupt nichts am Hut hatten, erschraken und erkannten, im
Gegensatz zur jüdischen Obrigkeit, dass hier der Sohn Gottes gekreuzigt worden war.

Wir wissen nicht, was aus dem Hauptmann und den Soldaten wurde. Nachdem diese aber erwähnt werden, ist es denkbar, dass hier die ersten Heiden für den Glauben an Jesus Christus gewonnen wurden und sich der Sieg Jesu bereits hier bis in die Heidenwelt hinein auswirkte.

Bei aller Trauer über das Leiden und Sterben Jesu, wie es in der christlichen
Kirche Tradition ist, sollte nicht die Trauer, sondern der Sieg Jesus im Vordergrund stehen.

Traurigkeit über unsere Sünde, die ursächlich für das Leiden und Sterben unseres Herrn ist, ist mehr als angebracht. Aber es darf nicht bei den Symbolen für Not, Tod und Schmerz verbleiben.

Alle Reue über unsere Sünde und Verkehrtheit muss ein Reue sein, die
niemand gereut, wie die Schrift sagt, weil Jesu Leiden und Sterben ein grandioser Sieg folgte, an dem wir unverdientermaßen teilhaben dürfen.

Dafür wollen wir unserem Herrn und Heiland in erster Linie danken und
auch daran sollen wir an Karfreitag denken.

Jörgen Bauer