Der Herr schaut vom Himmel und sieht alle Menschenkinder. Vom seinem
festen Thron sieht er auf alle, die auf Erden wohnen. Er lenkt ihnen allen das
Herz, er gibt acht auf ihre Wege.

Psalm 33, Verse 13 bis 15

Siehe des Herrn Auge achtet auf alle, die ihn fürchten.

Psalm 33, Vers 18

“Der liebe Gott sieht alles”, war so ein Auspruch, mit dem man zu Zeiten meiner Kindheit diszipliniert wurde. Der “liebe Gott” bekam dabei die
Funktion einer Überwachungskamera zugeschrieben, die genau registriert,
was man tut, Verbotenes eingeschlossen.

Und da war es besser, lieber nichts zu tun, was verboten war, und das war ja auch der Sinn des Hinweises, dass Gott alles sieht, weshalb es keine
Heimlichkeiten geben konnte.

Auch die heutigen Verse sind bildhaft, denn Gott sitzt tatsächlich nicht als
Kontrolleuer hinter den Wolken um zu beobachten was die Menschen treiben, um dann gegebenenfalls einzuschreiten. In einem so einfältigen Sinn waren die heutigen Verse auch nie gemeint, heißt es doch an anderer Stelle: “Von allen
Seiten umgibst du mich und verstehst meine Gedanken von ferne.”

Es geht darum, dass vor den Augen des allmächtigen und allgegenwärtigen Gottes nichts verborgen bleibt und dass Gott jeden Menschen besser, als dieser sich selbst, kennt und jedem in die verborgensten Winkel seines Herzens sieht.

Wenn Gott auf uns sieht, hat das nichts mit Kontrolle und Überwachung zu tun, sondern das ist der Blick des Schöpfers mit dem dieser liebevoll und
wohlwollend interessiert auf seine Geschöpfe blickt. Gott lenkt das Herz
der Menschen und gibt acht auf ihre Wege. Gott möchte uns gewissermaßen an der Hand nehmen und bewahren.

Hier stellt sich die Frage, ob Gott auch das Leben der Gottlosen sieht und diese lenkt und leitet. Da Gott alle Menschen geschaffen hat und kennt, lenkt ER auch die Gottlosen, ohne dass diese es merken. Gott versucht aber immer, auch die Gottlosen zur Umkehr zu bewegen.

Was das Sehen anbelangt, gibt es im menschlichen Miteinander Vergleichbares. Man sagt dann, dass man einen Blick auf jemanden geworfen hat oder dass man auf jemanden sieht, was soviel heißt dass sich der Betreffende besonderer Aufmerksamkeit erfreut – was, zumindest unter Menschen, auch negativ sein kann.

Es gibt aber doch einen Unterschied zwischen den Gottlosen und den
Gläubigen. Im Vers 18 heißt es, dass des Herrn Auge auf alle achtet, die
ihn fürchten. Das Achten beinhaltet eine Steigerung gegenüber dem Sehen.
Das Achten beinhaltet eine besondere Fürsorge.

Wenn der Herr auf uns achtet wissen wir uns in besonderer Weise bewahrt
und behütet. Das soll uns am Anfang der Woche, mit ihren Belastungen ein
besonderer Trost sein.

“Dass der liebe Gott alles sieht”, so wie es in Kindertage hieß, hat aber auch
sein Gutes. So hat mich das schon von manchem Tun absehen lassen. Denn
außer mir gibt es noch jemanden, der von einer Heimlichkeit weiß: Gott!

Jörgen Bauer