Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.

Römer 7, Vers 19

Das ist der menschliche Grundkonflikt: Das Gute wollen, aber nicht tun können.
Eigentlich wollen ja immer alle nur das Gute, und es sterben – glaubt man den
Todesanzeigen – immer nur herzensgute Menschen. Aber etwas kann daran nicht stimmen, wenn man sich in der Welt umsieht und die täglichen Nachrichten hört.

Das Gute tun wollen, kann man nur, wenn man weiß, was gut ist. Trotz Sündenfall und Trennung von Gott ist das Wissen um das Gute weiterhin
vorhanden. Aber wie Paulus weiter feststellt, ist der Mensch ein Sklave der
Sünde. Er kann gar nicht anders, als das Böse zu tun. Wobei “böse” heißt,
nicht das zu tun, was eigentlich richtig ist und dem Willen Gottes entspricht.

Martin Luther hat hier vom unfreien Willen des Menschen gesprochen.

Als ich den Vers, der der heutigen Betrachtung zugrunde liegt, erstmals las,
hat mich das regelrecht vom Stuhl gehauen. Durch diese Verse fühlte ich mich
nicht nur persönlich angesprochen, sondern regelrecht ertappt. Denn genau so,
wie Paulus schreibt, ist es. Was hatte ich nicht alles für gute Absichten und was kam am wirklich Ende heraus?

Ich meinte, dass der Apostel Paulus diesen Vers nur wegen mir geschrieben hat. Dieser Vers ließ mir keine Ruhe mehr, und ich fing an, in der Bibel zu lesen.
Mir wurde dann klar, dass Paulus hier etwas beschreibt, was uns alle angeht und das für mich anfangs Erstaunliche: Selbst ein “so frommer Mann”, wie Paulus, ist kein “besserer Mensch”, sondern ebenfalls ein Sünder.

Der zwischenzeitlich verstorbene Wissenschaftsautor Hoimar von Ditfurth hat vor Jahren das Buch “Lasst uns ein Apfelbäumchen pflanzen, es ist soweit”,
in Anlehnung an eine Aussage Martin Luthers geschrieben, wo dieser auf die
Frage, was er täte, wenn er wüsste dass morgen die Welt unterginge, antwortete, dass er dann noch ein Apfelbäumchen pflanzen würde.

In seinem Buch beschreibt von Ditfurth, im Hinblick auf den Umweltschutz und die damalige atomare Hochrüstung, genau diesen Zustand des Menschen, der
eigentlich das Gute will, aber es nicht tut, sondern stattdessen dauernd Ausreden und Begründungen erfindet, die er selbst glaubt. Interessant ist, dass Hoimar von Ditfurth nicht etwa ein Christ war, sondern jemand, der, als Psychiater, das menschliche Verhalten beobachtete und kannte.

Weil sich der Mensch so verhält, spricht Hoimar von Ditfurth vom Menschen als einem “unschuldig Schuldigen” und kommt damit dem biblischen Menschenbild sehr nahe. Weil das so ist, werden wir auch immer wieder von Menschen enttäuscht. Unter anderem auch von Politikern und im öffentlichen Leben stehenden Personen, die sich eben nicht als Vorbilder erweisen, sondern als Leute die Verfehlungen begehen.

Weil wir aber alle nicht besser sind, verbietet sich das Verurteilen und die
moralische Empörung, die im Grunde reine Heuchelei ist.

Paulus weist deshalb von sich weg, auf Christus:

“Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem todverfallenen Leibe?
Dank sei Gott durch Jesus Christus unserem Herrn! So diene ich nun mit dem
Gemüt dem Gesetz Gottes, aber mit dem Fleisch dem Gesetz der Sünde.”
(Römer 7, Verse 24 und 25).

Das heißt, er lebt aus dem Glauben, kann aber seine alte Natur nicht (vollständig) ablegen. Er bleibt – wie wir alle! – in sich gespalten – einmal die neue Kreatur in Christus und dann der “Alte Adam” – ist aber trotzdem gerettet und wird, wie wir alle, wenn wir Christen sind, in der Ewigkeit vollendet.

Jörgen Bauer