Mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes.

Lukas 1, 47

Der 4. Advent steht immer unter dem Zeichen der Freude: Dieser Sonntag
und die darauf folgende Woche stehen deshalb alle Jahre wieder immer
unter dem Spruch:

Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: „Freuet euch!
Der Herr ist nahe! (Philipper 4, 4-5)

Der Vers, welcher der heutigen Andacht zugrunde liegt, stammt aus dem
Lobgesang der Maria, dem Magnifikat.

Das Lukasevangelium berichtet über weitere derartige Reaktionen im Zu-
sammenhang mit der angekündigten und erfolgten Geburt Jesu. Zu denken
ist an die Worte der Elisabeth an Maria (Lukas 1,42-45), den Lobgesang des
Zacharias (Lukas 1, 67ff.) und nach der Geburt Jesu an die Freude des Simeon
und der Hanna (Lukas 2, 22ff). Und nicht zu vergessen, die der Hirten auf dem
Felde (Lukas, Kap. 2).

Alle sind zutiefst ergriffen von dem unbegreiflichen Handeln Gottes, der auf
diese Weise in das Weltgeschehen eingreift und der Weltgeschichte eine völlig
neue Richtung gibt.

Wir wollen hier einen Augenblick innehalten und dieses wunderbare und unfass-
bare Geschehen auf uns wirken lassen: Der unfassbare Gott wird Mensch uns
zu gut, damit wir heil und ganz werden und das Ewige Leben gewinnen.

Dass wir uns an Weihnachten Geschenke machen, hat seinen Grund darin, dass
wir etwas von der übergroßen Freude, die das Kommen unseres Heilandes und
Erlösers bewirkt, weitergeben sollen.

Weil Gott uns ein übergroßes, nicht fassbares Geschenk macht, sollen auch wir
nicht knausern, sondern anderen ebenfalls eine Freude machen. Auch darüber
lohnt es sich nachzudenken.

Leider kommt die Gottesmutter Maria im Evangelischen Bereich etwas zu kurz.
Das hängt mit der Reformation zusammen, wo es um ein Gegengewicht zu der
zum Götzendienst entarteten Marienverehrung ging.

Tatsächlich hatte Martin Luther keine Probleme von der „Gottesmutter“ und
„Gottesgebärerin“ Maria zu sprechen, und er hat auch an der uns in der Schrift
überlieferten Aussage der Elisabeth, „Gepriesen bist du unter den Frauen, und
gepriesen ist die Frucht deines Leibes“, keine Abstriche gemacht.

Von daher sind solche Aussagen auch gut evangelisch!

Zwar beten wir nicht zur „Mutter Maria“, weihen ihr auch keine Altäre und stellen
sie nicht mit Gott gleich. Auch sehen wir in ihr keine weitere Mittlerin des Heils,
neben Christus, aber ein Vorbild im Glauben ist sie auch für uns.

Sie hat sich von Gott uneingeschränkt und vorbehaltlos in Dienst stellen lassen
und preist Gott darüber, dass sie für diesen Dienst erwählt wurde.

Sie ist sich der damit verbundenen unverdienten Auszeichnung bewusst, wegen
derer sie alle kommenden Generationen selig preisen werden. Das kann außer
Maria sonst keiner der Menschen von sich sagen, die von Gott in Dienst gestellt
wurden.

Im Magnifikat wird spürbar, dass Maria das gewaltige Handeln Gottes und seine
Maßstäbe, die so ganz anders sind, als die unseren, lobend und dankend verin-
nerlicht.

Deshalb will ich an dieser Stelle den Lobgesang der Maria, das Magnifikat, einfügen.

“Und Maria sprach: Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freut sich Gottes,
meines Heilandes; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Siehe, von
nun an werden mich seligpreisen alle Kindeskinder. Denn er hat große Dinge an mir
getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig ist. Und seine Barmherzigkeit währt
von Geschlecht zu Geschlecht bei denen, die ihn fürchten. Er übt Gewalt mit seinem
Arm und zerstreut, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn. Er stößt die Gewaltigen
vom Thron und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die
Reichen leer ausgehen. Er gedenkt der Barmherzigkeit und hilft seinem Diener Israel
auf, wie er geredet hat zu unsern Vätern, Abraham und seinen Kindern in Ewigkeit.”
Lukas 1, Verse 46-55

Jörgen Bauer