Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, den du bereitet hast vor allen Völkern.

Lukas 2, Verse 29-31

Das sind schon etwas seltsame Verse, zu Neujahr. Würden sich diese nicht eher für einen Nachruf eignen? Warum ich das nicht so sehe, will ich jetzt darlegen.

Mit diesen Versen kam ich in Berührung, als ich letztens Lukas 2,22–40 auszulegen hatte und mich dabei auch mit der Gestalt des Simeon befasste, von dem diese Aussage überliefert ist, und da bin ich auf einige erstaunliche Dinge gestoßen, die zeitlos gültig und deshalb auch für uns bedeutsam sind.

Von Simeon berichtet uns Lukas, dass er fromm und gottesfürchtig war und auf den Trost Israels wartete. Der Heilige Geist war mit ihm, und der hatte ihn wissen lassen, dass er nicht sterben sollte, bevor er nicht den von Gott versprochenen Heiland gesehen hatte.

An dem Tag nun, an dem von Maria und Josef die vorgeschriebenen Opfer dargebracht und Jesus im Tempel dargestellt wurde, ging Simeon, getrieben vom Heiligen Geist, in den Tempel.

Und eben dieser Ablauf ist es, der mich besonders beeindruckt.

Simeon war ein Mann, der fest auf Gott vertraute, der die damalige Bibel, bestehend aus dem Gesetz, den Propheten und den Schriften sehr gut kannte und darum wusste, dass Gott einen Retter verheißen hatte. Auf diesen Retter wartete er.

Und hier ist uns Simeon ein Vorbild: Er zweifelte nicht an Gottes Zusage, etwa deshalb, weil der Retter so lange auf sich warten ließ. Er gehörte nicht zu denen die sagten „der kommt bestimmt nie, denn wenn, dann hätte er längst kommen müssen.“ Sicher hat Simeon immer wieder darum gebetet, dass dieser Retter kommen möge.

Sind wir heute nicht in einer ähnlichen Situation hinsichtlich der versprochenen Wiederkunft Christi? Sollten wir nicht dem Beispiel des Simeon folgen, glauben und darum beten, dass der Herr bald kommt?

Und noch etwas ist wichtig: Die Schriftgelehrten, die ja die damalige Bibel auch bestens kennen mussten, hatten absolut nichts begriffen. Sie hätten eigentlich, spätestens an dem späteren Wirken Jesu erkennen können, dass alles das, was über den prophezeiten Retter gesagt ist, auf Jesus zutrifft. Aber ihre gesamte Gelehrsamkeit hatte sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, hier als Glaubenshindernis erwiesen.

Und wie ist das heute? Passiert das Gleiche nicht auch immer wieder? Wie viele hochintelektuelle und wortreiche theologische Betrachtungen werden angestellt, bei denen man den Eindruck haben muss, dass das Wesentliche, auf das es letztlich ankommt, nicht erkannt wurde.

Das Entscheidende ist wohl, dass es allein auf Gottes Geist ankommt, der uns das Herz und damit unser Innerstes öffnen muss, damit wir erkennen, spüren und erfahren, wie die Dinge wirklich sind und nicht versuchen, diesen einseitig, nur auf intellektuellem Weg, näher zu kommen, bei dem die Gefahr besteht, sich über das Wort Gottes zu stellen und am Ende überhaupt nichts zu begreifen.

Und noch andere Wirkungen des Heiligen Geistes werden hier sichtbar:

Das eine ist, dass uns der Geist Gottes zu einem bestimmten Tun treiben kann. Hier war es so, dass sich Simeon gedrängt sah, in den Tempel zu gehen.

Das andere ist, dass nicht nur Simeon sondern auch die Prophetin Hanna, unabhängig voneinander erkannt haben, wer dieses Kind ist, das da im Tempel dargestellt wird. Der Heilige Geist bewirkt demnach keine „einsamen Erkenntnisse“, sondern wirkt so, dass Menschen, unabhängig voneinander etwas Richtiges erkennen.

Und so ist das bis heute geblieben.

Für beide war es ein großer Trost, dass sie in dem Kind im Tempel die Erfüllung von Gottes Zusage erkennen durften.

Den Schluss, den wir daraus ziehen sollten ist der, dass wir uns gläubig und demütig unter das Wort Gottes stellen, offen für den Anruf Gottes bleiben und der Versuchung widerstehen, das Wort Gottes an unseren eigenen Vorstellung und Theorien zu messen. Dazu schenkt uns Gott gerne seinen Geist, wenn wir IHN darum bitten.

Jörgen Bauer