Liebe Brüder, ich ermahne euch als Fremdlinge und Pilger: Enthaltet euch von fleischlichen Begierden, die gegen die Seele streiten, und führt ein rechtschaffenes Leben unter den Heiden, damit die, die euch verleumden als Übeltäter, eure guten Werke sehen und Gott preisen am Tag der Heimsuchung.

1. Petrus 2, Verse 11 und 12

“Fleischliche Begierden”, das hört sich schon wieder nach “Leibfeindlichkeit” an.

Erst kürzlich bekam ich eine bekannte und an sich nicht unseriöse Illustrierte in die Hände, in der, im Gewand der “sachlichen Dokumentation”, von einschlägigen Lüsten und “massiven” Lusterlebnissen berichtet wurde.

Wenn Petrus von “fleischlichen Begierden” spricht, meint er damit nicht etwa nur die sexuellen Dinge, wie in besagter Illustrierten, sondern die ganze Palette menschlicher Begierden bis hin zum Streben nach Macht und Gewinn.

Dass Begierden, die im Übermaß ausgelebt werden, gegen die Seele streiten, ist eine allgemeine und uralte menschliche Erfahrung, die nicht unbedingt etwas mit dem Christentum zu tun haben muss, wie das gerne, als Ausrede, hingestellt wird.

Deshalb gab es auch schon immer die philosophischen Ideale der Askese und Enthaltsamkeit um dadurch die geistigen Kräfte zu stärken. Im Christentum hat sich das im Fasten erhalten.

Ein zügelloses und enthemmtes Ausleben aller Triebe, wie es leider heutzutage als Ideal und nachahmenswert hingestellt wird, führt zu einem Unbefriedigtsein, verlangt deshalb nach ständiger Steigerung, wird so zur Sucht und ist von daher zutiefst heidnisch und trennt von Gott.

Deshalb soll der Christ selbstbeherrscht und diszipliniert leben. Das findet auch unter den “Heiden” Anerkennung, weil auch ihnen ihr Gewissen sagt was richtig und was falsch ist und dass alle Theorien, wonach Anstand die Folge einer “einseitigen” kulturellen Entwicklung (sog. “Fremdbestimmung”) zur Unterdrückung menschlicher Triebe ist, Lügen sind.

Zu einem rechtschaffenden Leben gehört, auch den übrigen fleischlichen Begierden, wie Geiz, Gewinnsucht, Machtgier usw. nicht zu frönen, weil alle diese Dinge aufs Glatteis führen.

Wer fleischlichen Begierden aller Art anhängt, bietet jede Menge Angriffsfläche, weil er nicht umhin kommt dabei zu heucheln und damit lügen und zu betrügen.

Diejenigen, die fleischlichen Begierden das Wort reden, wissen im Grunde, dass sie falsch liegen, halten sich deshalb in dieser Hinsicht nach Außen bedeckt, achten dafür aber in scheinheiliger Absicht umso mehr auf die Christen, die von sich sagen, anders zu sein.

Und es gibt für die Gegner der Christen nichts Schöneres, als das Fehlverhalten von Christen, bei denen Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen, nötigenfalls durch Rufmordkampagnen verstärkt, genüsslich breitzutreten, denn der Hinweis auf die Fehler anderer, lässt die
Moralapostel und Pharisäer unserer Tage selbst um so besser dastehen.

Wie gut, wenn sich Anschuldigungen gegen Christen als Lügen erweisen und stattdessen aufgezeigt werden kann, dass diese tatsächlich nicht nur so gelebt haben, dass man ihnen nichts nachsagen kann, sondern dass sie dazu noch vorbildlich gehandelt haben.

Dem kommt am Tag der Heimsuchung besondere Bedeutung zu. Darunter sind Krisenzeiten zu verstehen und denen sich zeigt, was wirklich trägt und Bestand hat.

Jörgen Bauer