Und ein anderer unter den Jüngern sprach zu ihm: Herr, erlaube mir, dass ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe. Aber Jesus spricht zu ihm: Folge du mir, und lass die Toten ihre Toten begraben!

Mattäus 8, Vers 21 und 22

Es geht hier um einen Jünger, der bereits in der Nachfolge Jesu steht. Der
Jünger wollte eigentlich nur seinen Vater begraben, wobei wir nicht wissen,
ob der Vater erst soeben gestorben ist oder ob der Jünger, bis zum Ableben
seines Vaters, bei diesem bleiben wollte.

Aber was kann Jesus gegen das Ansinnen seines Jüngers haben, der doch
nur das tut, was seine Sohnespflicht ist? Was ist denn dabei, wenn der Sohn
mal eben seinen Vater begräbt?

Wir wissen nicht, warum Jesus von dem Jünger überhaupt nach etwas gefragt wurde, was eigentlich selbstverständlich ist. Denkbar wäre, dass der Jünger hier eine Schwachstelle hatte und es ihm schwerfiel zwischen Jesus und anderen durchaus notwendigen Dingen zu unterscheiden und er gerne
Kompromisse machte, weshalb Jesu nur in dieser eindeutigen Weise antworten konnte, um klar zu machen, dass hier zwischen Ihm und dem verstorbenen Vater zu entscheiden ist. Und da ist Jesus wichtiger als der
verstorbene Vater.

Aber es geht noch um etwas anderes. Das Begraben des Vater ist nicht nur
eine Beerdigung, sondern, genau so wie heute, mit viel Aufwand verbunden,
und das selbst dann, wenn es Bestattungsunternehmer gibt, die den Hinterbliebenen vieles abnehmen. Es ist einfach eine Menge zu regeln.

Und dadurch wird der Jünger von seiner Jesusnachfolge abgehalten und vielleicht sogar bleibend gehindert, und die Nachfolge ist wichtiger, als das Regeln irdischer Angelegenheiten. Jesus spricht hier von den Toten, als den
gottfernen Weltmenschen, die ihre Toten selbst begraben sollen.

Interessant ist folgendes:

Den Hohepriestern (und Nasiräer) als obersten Diener Gottes waren nach dem
jüdischen Gesetz die Zeichen der Trauer verboten, ebenso die Pflichten gegenüber den Toten, selbst dann, wenn es sich um Vater oder Mutter handelte. Der Diener Gottes soll mit nichts in Berührung kommen, was Tod
heißt, ist doch der Tod die Folge der Trennung von Gott und damit der Feind
Gottes.

Ist Jesus jetzt nun herz- und pietätlos?

Ich denke nicht, dass er das ist. Und ich glaube auch nicht, dass Jesus in allen Fällen so geantwortet hätte. Jesus Antworten sind immer absolut, dabei aber gleichzeitig individuell und waren hier auf den Jünger zugeschnitten.

Jörgen Bauer