Weise mir, Herr, deinen Weg,
dass ich wandle in deiner Wahrheit;
erhalte mein Herz bei dem einen,
dass ich deinen Namen fürchte.

Psalm 86 Vers 11

Vor Kurzem erhielt ich vom Gemeindehilfsbund eine Broschüre, in welcher
der Text von Lukas 16, Verse 19 bis 21 – allgemein bekannt als “Der reiche
Mann und der arme Lazarus” – ausgelegt und erklärt wurde.

Wie bekannt geht es hier um den Reichen, der alle Tage herrlich und in Freuden lebte, wohingegen der arme und kranke Lazarus vor der Tür des reichen Mannes lag und von dem etwas zu bekommen begehrte, was vom Tisch des Reichen fiel.

Das ist ein Thema, das sich bestens für eine moralisierende Sozialpredigt eignet, in dem die “Reichen” – zu denen wir alle irgendwie gehören – angeklagt und die Armen, als besonders vom Herrn Begünstigte, “die aufgrund ihrer Armut einen Bonus für den Eintritt in den Himmel haben” – hingestellt werden.

Und eben das ist das weitverbreitete Kurzschlussdenken.

Weder Armut noch Reichtum sind für Gott von Bedeutung. Weder Armut noch
Reichtum sind eine Schande. Gott hat, als Geber aller Gaben, seine Gaben unterschiedlich verteilt. Dass wir einmal Rechenschaft darüber abgeben müssen, was wir mit den uns geliehenen Gaben gemacht haben, ist nochmal eine andere Sache.

Die zentralen Aussagen dieser Geschichte ergeben sich aus der Schilderung dessen, was nach dem Tod im Totenreich geschieht. Während der Arme sich
in Abrahams Schoß, also bei Gott, wiederfindet, ist es bei dem Reichen gerade
umgekehrt, er befindet sich an einem Ort der Qual.

Aber auch hier geht es nicht um Lohn oder Strafe, sondern um das Verhalten
zu Lebzeiten. Reich zu sein und sein Leben zu genießen ist kein Unrecht.

Der Reiche wird in der Auslegung als ein Mensch beschrieben, der nicht nach
Gott fragte, sondern das tat, was ihm gefiel. Und genau das ist die Sünde,
die von Gott trennt.

Vielleicht hatte er bei Lebzeiten so gedacht, wie auch viele Menschen unserer
Zeit denken, wonach mit dem Tod alles aus ist, dass nur die “Dummen” glauben, dass es einen Gott gibt, die Bibel ein Märchenbuch ist, der Glaube
nur etwas für Schwache ist und alle Hinweise auf Gott mit überheblichem
Spott abgetan, weil es nur darauf ankommt das Leben zu genießen, damit man nichts verpasst.

Und im Totenreich angekommen merkt er, wie sehr er sich getäuscht hat,
aber nun ist alles zu spät. Das Gleichnis Jesu sagt uns, dass mit dem Tod eben nicht alles aus ist, sondern wir in einem bewussten Zustand erhalten bleiben und wahrnehmen was geschieht.

David, der den Psalm 86 betete, als er in Bedrängnis war, wusste auf was
es ankommt: Darauf, dass die Verbindung zu Gott nicht abreißt, und dass
ihn Gott bei dem einen erhält, was in Zeit und Ewigkeit alleine zählt.
Nämlich in der Wahrheit zu bleiben, die uns durch den Glauben zuteil wird, seinen Lebensweg mit Gott zu gehen und Ihn zu fürchten. Das heißt sich an
Gottes Geboten und Schöpfungsordnungen zu orientieren.

In früheren Zeiten gehörte dieses Wissen zum Allgemeingut:

Hört Ihr Leut und lasst Euch sagen
unsre Glock zwölf geschlagen.
Zwölf das ist das Ziel der Zeit
Mensch bedenk die Ewigkeit.

Jörgen Bauer