Sie (die Liebe) freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit;

1, Korinther 13, Vers 6

Dass die Liebe ein schillernder, vieldeutiger Begriff ist, wurde schon mehrfach
gesagt. Was für die Liebe gilt, gilt auch für die Lieblosigkeit.

Das “Totschlagargument” der “Lieblosigkeit” wird gerne gebraucht, wenn es um unbequeme Wahrheiten geht. Deshalb zieht es mancher vor, lieber nichts zu sagen um sich nicht dem Vorwurf der “Lieblosigkeit” auszusetzen.

Unbequeme Wahrheiten können schmerzhaft sein und einem die Laune gehörig verderben.

Aber zeugt es wirklich von Liebe, wenn man seinen Nächsten über wesentliche
Dinge im Unklaren lässt?

Ich denke nicht!

Wenn ich von Wahrheit rede, dann meine ich jetzt nicht Kritiksucht und
Besserwisserei, mit der man das Haar in der Suppe findet, sondern Dinge,
die wirklich von Bedeutung sind, weil sie sich für den Betreffenden oder auch eine ganze Gruppe verhängnisvoll auswirken können.

Werden aus lauter Harmoniesucht und der Befürchtung sich unbeliebt zu machen, potentielle Konflikte ständig unter den Teppich gekehrt, entsteht eine
verlogene auf gegenseitiger Heuchelei beruhende Atmosphäre.

Ich habe es, auch wenn es im ersten Augenblick ärgerlich und alles andere
als erfreulich war, immer als sehr hilfreich und weiterführend empfunden,
wenn mir jemand mal schonungslos die Wahrheit gesagt hat.

Ich erinnere mich hier an eine Begebenheit, die zwar nicht ganz aber in
etwa auf dieser Linie liegt:

Bei dem Traugespräch vor unserer Hochzeit – ich war damals kein Christ,
sondern nur Kirchenmitglied – sagt ich dem Pfarrer, dass ich nichts glaube,
sondern als Gegenleistung für die Kirchensteuer eine “anständige Hochzeits-
feier” wünsche. Ich merkte dann noch an, dass man sich sicher unbeliebt
macht, wenn man ständig von Jesus spricht.

Der Pfarrer fuhr mich daraufhin an: “Es ist nicht meine Aufgabe mich beliebt
zu machen, sondern Jesus Christus zu verkündigen!”

Das hat mich sehr beeindruckt und ich habe diesen Satz nie vergessen, sondern selbst verinnerlicht. Der Pfarrer schenkte mir dann noch eine “Gute Nachricht” (neues Testament im heutigen Deutsch) die sich für mich später sehr segensreich auswirkte, weil ich durch sie zum Glauben geführt wurde.

Eigentlich hätte derjenige, der einem schonungslos die Wahrheit sagt, sogar ein Honorar für seinen Liebesdienst verdient, wenn bedenkt welche verhängnisvollen Fehlentwicklungen dadurch vermieden wurden.

Wichtig ist immer, dass die Wahrheit auf der einen Seite sachlich und wohlmeinend vorgetragen wird und sich auf der anderen Seite kein falscher Stolz oder Eitelkeit gegen die Erkenntnis der Wahrheit stemmt.

Die Wahrheit zu sagen, erfordert oftmals Mut und auch die Bitte um die
Leitung durch den Geist Gottes.

Uns sollte aber immer klar sein, dass es ohne Wahrheit keine wahre Liebe
geben kann.

Jörgen Bauer