Züchtige deinen Sohn, solange Hoffnung da ist, aber lass dich nicht hinreißen ihn zu töten.

Sprüche 19, Vers 18

Die Sache mit dem “züchtigen” ist ein heißes Eisen. Besonders in einer, infolge ihrer Gottesferne, kranken Gesellschaft, die in dem Irrglauben lebt, dass alle Menschen von Natur aus gut und immer guten Willens sind und wenn nicht, nur die Umstände daran schuld sind. Will heißen diese sind schlecht und müssen deshalb geändert werden.

Aber wer macht denn die “Umstände”? Das sind doch auch nur wieder die von Natur aus “guten Menschen”.

Unter “züchtigen” versteht man im landläufigen Sinne, eine erzieherische Maßnahme, die darin besteht, hartnäckige Fälle von Unbotmäßigkeit –
gemäß dem Grundsatz “wer nicht hören will, muss fühlen” – “manuell zu
therapieren”, was, in angemessener Weise, mittels einer kraftvoll herabsausenden Hand, die, gegebenfalls mehrfach, auf ein hierfür geeigentes Körperteil trifft, geschehen kann.

Diese Art von Therapie, die schnell wirkt und nachhaltig überzeugt, ist heute,
wegen des Anspruchs auf eine gewaltfreie Erziehung, nicht mehr erlaubt. Erlaubt ist nur noch, alle Ungehörigkeiten, einschließlich Gewalttätigkeiten, verständnisvoll zu tolerieren. Sofern es überhaupt als notwendig angesehen wird, ist in solchen Fällen, mit “Gesprächen auf Augenhöhe”, Überzeugungsarbeit zu leisten, denen allenfalls milde Sanktionen folgen
können.

Und wenn das zu nichts führt, ist Psychotherapie (zahlt ggf. die Krankenkasse) angesagt, aber nur dann, wenn der Betreffende damit einverstanden ist.

Die “Erfolge” dieser “wissenschaftlich fundierten” und damit zeitgemäßen Sichtweisen sind nicht zu übersehen.

Ich erinnere mich hier an ein Kindheitserlebnis: Ich hatte einen Tag, an dem ich schlecht gelaunt und “nicht ansprechbar” war. Nachdem das meiner Mutter zu dumm wurde, verabfolgte sie mir eine Anzahl heftig ausgeführter “Streicheleinheiten” auf meinen verlängerten Rücken.

Ich erinnere mich, dass das dadurch bewirkte Missempfinden, zur Klarheit in meinem Kopf führte, mit der Folge, dass der restliche Tag – entgegen aller
“wissenschaftlichen Erkenntnisse” – sehr angenehm und harmonisch verlief.

Nicht auszudenken was geschehen wäre, wenn ich stattdessen psychotherapiert worden wäre. Die Behandlung würde vermutlich immer noch andauern.

Der Vers aus den Sprüchen macht zudem deutlich, dass erzieherische Maßnahmen nur solange Sinn machen, solange noch Hoffnung besteht.
Ist der Schlendrian erst mal eingerissen, ist es meist zu spät.

Interessant ist hier das Tun des Verhaltensforschers Konrad Lorenz, der einmal zwei Hunde hatte, von denen er nur dem einem immer mal wieder eine “überzog”. Die Beobachter fanden das ungerecht. Lorenz erklärte das
so, dass bei dem einen Hund ein strenges Wort ausreiche, um das gewünschte Verhalten zu erreichen, während der andere Hund auf strenge
Worte überhaupt nicht reagierte, sondern fühlen musste.

Ich las mal von den Wölfen im Wolfsgehe in Bad-Mergentheim, wo es zwei
junge Wölfe gab, die sich einfach nicht der wölfischen Ordnung unterwerfen
wollten. Die Wölfe hatten viel Geduld. Aber eines Tages war Schluss. Man
fand die Unerziehbaren tot gebissen im Wolfsgehege.

Das kann für uns natürlich kein Vorbild sein, und uns ist das im heutigen Vers
auch ausdrücklich untersagt.

Ich beobachte und erfahre aber immer wieder, dass Unbotmäßigkeiten
weiterhin abgewatscht werden. Die Praxis, bzw. der gesunde Menschenverstand, ist auch hier anders als die Theorie.

Jörgen Bauer