Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge?

Matthäus 7, Vers 3

Eine Erfahrung, die wir immer wieder machen:

Da liefern wir gute Arbeit und erweisen uns als zuverlässig, und da passiert uns ein kleiner Fehler, eine Bagatelle, und schon ist das alles vergessen, und die Bagatelle wird zur “entscheidenden Wichtigkeit” hochstilisiert.

Gleiches geschieht auch in den sonstigen menschlichen Beziehungen. Eine
unglückliche Formulierung und schon entsteht eine lebenslange Feindschaft
oder ein Amtsträger muss seinen Hut nehmen.

Das verärgert, regt auf, enttäuscht und demotiviert.

Das ist aber das ganz typische menschliche Verhalten, das Jesus verurteilt.
Man sieht den Splitter im Auge des Bruders – und natürlich auch der Schwester – und negiert dabei die eigenen und oft viel massiveren Mängel
und Schwächen.

Aber Hand aufs Herz: Verhalten wir uns nicht alle so?

Ein gutes Beispiel ist der Straßenverkehrt, in dem ich immer so etwas wie ein
Spiegelbild der Gesellschaft sehe, denn so, wie man sich hier verhält, verhält
man sich auch im menschlichen Miteinander.

Wie ist es mit dem Verteilen von Prädikaten wie “Vollidiot”, “Rindvieh”, “Riesena..loch” und andere, die wir gerne Mal spontan vergeben, wenn sich ein anderer Verkehrsteilnehmer, unserer Ansicht nach, “idiotisch” verhalten hat?

Auch sonst sind wir nicht kleinlich, wenn es darum geht, das Verhalten anderer zu charakterisieren. Selbst wenn alle diese “Bewertungen” in abgeschlossenen Räumen, unhörbar für die “Beurteilten” stattfinden, wäre es gut, wenn man zuvor darüber nachdenken würde, wann man sich zuletzt ganz genauso verhalten hat, wie in dem Fall, den man jetzt “beanstandet”.

Tut man das, kommt man zu höchst erstaunlichen Erkenntnissen!

Es ist so, wie die Schrift sagt: Mit dem, was wir an anderen verurteilen, sprechen wir uns selbst das Urteil und häufen den Zorn Gottes auf den
Tag des Gerichts auf unser Haupt, wo wir für jedes unnütze Wort Rechenschaft geben müssen.

Hier erkennen wir, wie sehr wir auf die Vergebung Gottes angewiesen sind,
und wie wichtig es ist, auch anderen zu vergeben und sich zu versöhnen.
Und Gott vergibt uns, weil sein Sohn Jesus Christus den Preis für unsere
Sünden – auch die Wortsünden – bezahlt hat.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man nachsichtiger und milder angesichts von Fehlern und Schwächen anderer wird, wenn man sich vom
Geist Gottes leiten lässt, was durch Gebet und Schriftlesung geschieht.
Und das bedarf täglicher Einübung.

Bevor man im “trauten Kreis” andere beurteilt, sollte man sich zudem
fragen, ob man das, was man zu sagen gedenkt auch sagen würde, wenn
der Betreffende anwesend wäre. Wobei man auch daran denken sollte, dass Wände Ohren haben können.

Könnte es denn auch sein, dass der Andere unseren Beistand oder unsere
Hilfe braucht? Und wäre es da nicht besser zu helfen? Ein Thema sind auch
Selbstvorwürfe. Man begeht einen ausgesprochen “dummen” Fehler, infolge einer kurzen Unaufmerksamkeit, wo man sich selbst nicht versteht, zum Glück aber nichts Schlimmes passiert ist, und der auch niemandem aufgefallen ist.

Auch das darf man Gott im Gebet hinlegen und für die Bewahrung danken.

Das alles sollte man am Beginn der Arbeitswoche bedenken, die uns wieder
mit vielen Menschen zusammenführt, die sich nicht immer so verhalten, wie
es unseren Erwartungen entspricht und umgekehrt auch wir uns nicht immer so verhalten, wie es den Erwartungen entspricht.

Zum Anfang der Woche wollen wir uns deshalb Gott und seiner Führung
anbefehlen.

Jörgen Bauer