Denn unsere Missetaten stellst du vor dich, unsere unerkannte Sünde ins Licht vor deinem Angesicht.

Psalm 90, Vers 8

In Sachen Sünde gibt es zwei Extreme: Da ist zum einen das Leugnen der
Sünde überhaupt und zum anderen der verbissene Kampf gegen die Sünde.

Von Menschen, die Ernst mit dem Glauben machen, ist da als zu hören, dass man in seinem Inneren nach noch verborgenen Sünden fahnden muss, um
diese “dem Herrn vorzulegen”.

Ich las da mal die umfangreiche Abhandlung eines frommen Autors, die sich wie ein Grundreinigungsprogramm in Sachen Sünden las. Hier wurde aufgezeigt, wie sich die Gemeinde zuerst versammelt, mit dem Ziel, sich zu erforschen, um alle Sünden, die dabei zutage kommen, festzuhalten, “dem Herrn zu bekennen und zu bereuen”, um danach die Vergebung zugesprochen zu bekommen.

Dieses umfangreiche, aus mehreren Phasen bestehende, “Grundreinigungsprogramm” zog sich über einen längeren Zeitraum hin, und der Nutzen sollte darin bestehen, dass Gott danach besonders segensreich in der und durch die Gemeinde wirken konnte.

Wem das weiterhilft, der mag das tun. Ich hielt diese Ausführungen für nicht besonders hilfreich.

Es ist richtig, dass der Geist Gottes betrübt und dadurch gehemmt wird, wenn wir (in grober Weise) erkennbar tat-sündigen und in einem solchen Zustand verharren. Von einer Gemeinde in der diesbezüglich erkennbar vieles im Argen läge, könnte kein Segen ausgehen. Nicht vergebene Schuld belastet und hemmt. Hier könnte eine Generalbeichte und Buße in der Tat von Nutzen sein.

Richtig ist aber auch, dass wir unsere Sünden überhaupt gar nicht alle kennen.
Bei noch so vielem Nachsinnen, Nachforschen und “Fahnden nach noch verborgenen Sünden”, blieben sie uns verborgen, was schon daran liegt, dass wir von Natur aus durch und durch Sünder und unfähig zum Guten sind.

Alle unsere Gedanken und selbst unsere, im menschlichen Sinne “guten Taten”
sind damit Sünde. Denn Sünde ist die Grundhaltung unseres Herzens. Sünde,
das heißt Eigenwillen und Rebellion gegen Gott, welche die Trennung von Gott
und die Zielverfehlung des gesamten Lebens zur Folge hat, und da bringt es nichts nach einzelnen, noch zu erkennenden Tatsünden zu fahnden.

Die einzig wirksame Grundreinigung geschieht dadurch, dass wir unsere Lage erkennen, von unserer falschen Einstellung, keine Sünder zu sein, abkehren und uns durch das Blut Jesus Christi von Grund auf reinigen lassen. Und hier müssen wir dranbleiben.

Wenn wir das tun und unser Leben künftig aus der Vergebung, die Christus für uns erwirkt hat, leben, dann sind wir zwar nicht tat-sündlos, aber in Gottes Augen keine Sünder – im Sinne eines Getrenntseins von Gott – mehr, sondern dann sieht uns Gott so, wie Er auch seinen Sohn sieht. Nur diese Art der Grundreinigung zählt.

Jörgen Bauer