Ich sage euch aber: Wer da hat, dem wird gegeben werden; von dem aber, der nicht hat, wird auch das genommen werden, was er hat.

Lukas 19, Vers 26

“Das habe ich doch schon immer gesagt, wer hat, dem wird noch mehr gegeben und wer nicht hat, dem wird das Wenige, was er hat, auch noch genommen.

Da muss man sich doch nur die Bosse der Banken ansehen, die gewaltige Boni kassieren, während auf der anderen Seite, z.B. den Hartz-IV Empfängern, auch noch das Letzte abgeknöpft wird.”

Aber ist das mit dem heutigen Bibelvers gemeint? Ich denke nicht!

Der heutige Vers steht als vorletzter Vers im Gleichnis von den anvertrauten Pfunden. Den Knechten des Fürsten, der im Gleichnis auf eine weite Reise geht, werden Pfunde übergeben, mit denen sie bis zur Wiederkunft des Fürsten handeln sollen um so das anvertraute Gut zu mehren.

Als der Fürst wiederkommt und Rechenschaft fordert, wird dem Knecht, der das anvertraute Pfund lediglich gut verwahrt aber nichts damit angefangen hat, genommen und dem gegeben, der das meiste erwirtschaftet hat.

Mit den Pfunden, von denen im Gleichnis gesprochen wird, sind die Talente
und Fähigkeiten gemeint, die jeder, der zum Glauben kommt, wenn auch in unterschiedlicher Menge, Art und Form erhält. Und diese Gaben gilt es zu nutzen.

Aber kann man das wirklich nur auf den Glauben beziehen? Bekommen nicht
alle Menschen ganz unterschiedliche Fähigkeiten und Begabungen in die Wiege gelegt?

Wird, wenn die Pfunde unterschiedlich verteilt sind, damit nicht auch jede Gleichmacherei-Ideologie – verharmlosend als “Gleichstellung” kaschiert – in Frage gestellt? Ist es nicht vielmehr so, dass die Menschen höchst unterschiedlich geartet und begabt sind, weshalb sich alle Einebnung, wie sie heute ständig propagiert wird, verbietet?

Und kann überhaupt zwischen dem Dienst für das Reich Gottes und dem Wirken in der Welt getrennt werden? Sollte nicht unser ganzes Tun aus der Verbindung mit Gott geschehen und so ein einziger “Gottesdienst” sein?

Das Gleichnis geht deshalb uns alle an, und wir müssen uns fragen, wie wir
mit den uns anvertrauten Pfunden umgehen.

Ich kann und will jetzt nicht auflisten, was der Einzelne zu tun hat. Das kann nur jeder selbst herausfinden. Aber es ist, bei entsprechendem Nachdenken,
sicher erkennbar, was “Nichtstun” ist, das im Gleichnis dazu führt, dass der unnütze Knecht, wie es in der Parallelstelle in Matthäus 25, Vers 30 heißt, in die Finsternis hinaus geworfen wird.

Ich denke hier an einen Menschen, der zum Glauben gekommen ist, aber seinen Glauben vor den anderen verbirgt und als reine Privatsache ansieht,
die niemanden etwas angeht. So etwas gibt es tatsächlich, und wird von der Umwelt sogar oft erwartet, wo es heißt „Glaube ist Privatsache“.

Ein solcher Mensch gleicht dem Knecht im Gleichnis, der sein Pfund vergräbt und ungenutzt liegen lässt. Der Knecht hat nichts Böses getan, er hat das anvertraute Pfund auch nicht verprasst, sondern „nur nichts getan“, also
keine Frucht gebracht. Auch im Alltag war er nicht als Christ erkennbar.

Der Herr sagt dazu, wenn er es doch wenigsten auf die Bank gebracht hätte, damit es Zinsen bringt.

Offenbar hätte das schon ausgereicht. Der Herr fordert von uns demnach keine Höchstleistungen. Aber Er erwartet Frucht, in Form eines zeugnishaften Lebens, und vielleicht hätte es schon ausgereicht, sich immer wieder zum christlichen Glauben zu bekennen und erkennbar als Christ zu handeln.

Wer fruchtlos bleibt, hat am Ende nichts vorzuweisen, weil ihm auch noch der Glaube und die Gaben, die er nicht genutzt hat und die gewonnenen Erkenntnisse, die er brach liegen ließ, genommen und dem zugerechnet werden, der bereits alles hat.

Der heutige Vers ist deshalb für viele ein Ärgernis und wird als äußert
ungerecht empfunden, “weil Gott nie so ungerecht handeln würde”.

Aber so sieht Gottes Ökonomie aus!

Und noch etwas anderes sagt das Gleichnis: Der Herr kommt wieder. Wann, wissen wir nicht, und deshalb gilt es die Zeit zu nutzen.

Jörgen Bauer