So freue dich, Jüngling, in deiner Jugend und lass dein Herz guter Dinge sein in deinen jungen Tagen. Tu, was dein Herz gelüstet und deinen Augen gefällt; aber wisse, dass dich Gott um das alles vor Gericht ziehen wird.

Prediger 11, Vers 9

Das ist ein merkwürdiger und wie es scheint widersprüchlicher Vers. Da wird zuerst dazu motiviert das Leben zu genießen um dann gleich wieder Gericht und Strafe für den Fall anzukündigen, dass man das wirklich tut.

Ist das nicht typisch für einen griesgrämigen Glauben, mit dem einen alle Lebensfreude genommen und alles zur Sünde erklärt wird, was Laune macht?

Aber meint das dieser Vers wirklich?

Dem Prediger kommt es auf etwas ganz anderes an:

Der junge – und natürlich auch jung gebliebene Mensch – darf sich durchaus an seiner Jugend und noch verbliebenen jugendlichen Kraft, sowie an den
Gaben Gottes erfreuen und das Leben in vollen Zügen genießen. Damit tut er nichts Unrechtes.

Was der Prediger hier meint ist, dass bei aller gelebten Lebensfreude, Gott, als Geber aller Gaben, nicht vergessen werden darf und Seine Schöpfungsordnungen und Gebote, die zu unserem und dem Schutz unserer Mitmenschen dienen, nicht missachtet werden dürfen.

Lebensfreude und Lebensgenuss heißt deshalb nicht Zügellosigkeit, nicht das Ausleben unlauterer Triebe, nicht die Verwirklichung verborgener Wünsche und Sehnsüchte, die von Gott trennen würden, sondern ein Leben, in den Wegen Gottes, das Gott die Ehre gibt.

Wer so zu leben versucht, was nicht immer gelingt, wird die erstaunliche Entdeckung machen, dass er dabei nichts verliert, auf nichts verzichten muss, sondern, ganz im Gegenteil, alles gewinnt und dadurch erst wirklich zu Glück und Erfüllung findet.

Dabei wird man merken, dass das, was die Welt an Lebenslust zu bieten hat, sehr einseitig ist, weshalb es am Ende schal schmeckt, unbefriedigt lässt und deshalb nach ständiger Steigerung verlangt, wodurch Konflikte und Nöte aller Art vorprogrammiert sind. Wer Erfüllung an falschen Stellen sucht, kann nur enttäuscht werden und letztlich Schaden nehmen, und davor will uns Gott bewahren.

Wenn man den Vers so recht bedenkt, ist erkennbar, dass seine Aussage zeitlos gültig ist. Denn die Welt ist nach wie vor dieselbe. Die Formen der Verführung mögen sich in ihrem Erscheinungsbild gewandelt habe – im Grunde hat sich aber nichts verändert.

Bei diesem Vers fällt mir das Gleichnis vom Reichen und dem armen Lazarus ein. Dem Reichen wird nicht vorgeworfen, dass er über die Stränge geschlagen hätte. Für ihn war das Leben ein Fest, er lebte alle Tage herrlich und in Freuden. Das war an sich nichts Böses.

Sein Mangel bestand darin, dass er in der Hauptsache an sich dachte, mit seiner „Selbstinszinierung“ beschäftigt war und dabei Gott außen vor ließ, sonst hätte er die Not des Lazarus nicht übersehen können. Und so lebte
er ohne Gott und verfehlte damit das Ziel seines Lebens.

Der heutige Vers ist deshalb Anlass uns selbst zu prüfen und Gott um Vergebung zu bitten, für das was jeder von uns ständig zu tun versäumt,
und uns von Gott zum Wachsen und Reifen aufhelfen zu lassen, das Gott dann in der Ewigkeit an uns vollenden wird.

Jörgen Bauer