Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

Lukas 2, Verse 6 und 7

Diese Verse werden wir heute wieder hören – sofern wir in die Kirche gehen, oder einen Gottesdienst hören oder (fern)sehen. Vielleicht bekommen wir auch ein Krippenspiel zu sehen.

Wenn wir genau hinsehen und hinhören, wird uns auffallen, dass da manches
gesagt und dargestellt wird, von dem im Lukasevangelium überhaupt nichts
geschrieben steht.

Als da sind die “armen Leute”, die niemand aufnehmen wollte und die deshalb
mit einem Stall vorlieb nehmen mussten. Von einem Stall liest man im Lukasevangelium ebenso wenig etwas, wie von “armen Leuten” oder von Ochs und Esel.

Das alles hat fromme Dichtung in das Lukasevangelium hineininterpretiert, und die “armen Leute”, die niemand aufnehmen wollte, machen sich besonders gut, verleihen sie der ganzen Sache doch einen rührseligen sozialen Touch.

Ganz so dürfte es nicht gewesen sein. Maria und Josef stammten, folgt man den übrigen biblischen Aussagen, beide aus angesehenen Familien. Dass sie sich zur Schätzung ihrer Vermögensverhältnisse nach Bethlehem begeben mussten, spricht für sich. Das ganze Volk kann nicht unterwegs gewesen sein, weil dies zum Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung geführt hatte. Die
Hirten auf dem Feld waren jedenfalls nicht auf der Reise in ihre Herkunftsorte.

Bethlehem war keine Fremdenverkehrsmetropole und nachdem eine Menge Steuerpflichtiger nach Bethlehem gekommen waren kann es dort durchaus eng geworden sein, aber es ist anzunehmen, dass die Heilige Familie von der dortigen Verwandtschaft mit dem Notwendigsten versorgt wurde. Maria und Josef können zudem nicht völlig mittellos auf die Reise gegangen sein.

Was außerhalb aller Legendbildung für uns wesentlich bleibt ist, dass Gott in Jesus Christus Mensch wurde und dass ER in keinem Palast, sondern unter unbequemen und notfallmäßigen Umständen zur Welt kam.

Damit wurde er uns Menschen, beginnend auf der untersten Ebene, gleich, also keiner, der sich irgendwie als “etwas Besseres” abhebt. Das zeigt, dass Jesus für jeden da ist, egal wer oder was er ist. So hat ER es während Seines ganzen irdischen Lebens gehalten. Bis hin zum Tod am Kreuz ist ER den untersten und elendesten Weg gegangen, um uns in allem gleich zu
werden.

Und mit seinem Leiden und Sterben hat ER den Preis für die Sünde gezahlt, damit wir frei ausgehen.

Darum hat IHN Gott erhöht und zum Herrn aller Herren und König aller Könige gemacht, als der ER beim nächsten Mal kommen wird, und IHM den Namen gegeben, vor dem sich die Knie aller derer beugen müssen, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind.

Es wäre schade, wenn diese großartige Botschaft zu einer Sozialpredigt reduziert würde.

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern der täglichen Andachten ein
frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

Jörgen Bauer