Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist,
auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.

Hebräer 4, Vers 12

Es gab schon immer zwei Arten von Verkündigern und Christen.

Das sind einmal diejenigen, die niemanden zu Nahe treten wollen und so sorgfältig und behutsam formulieren, dass im Grunde nichts gesagt wird.
Im Extremfall führt das zu einer weichgespülten Verkündigung der Beliebigkeit.

Auf der anderen Seite sind diejenigen, die gradheraus sind und sagen was
Sache ist. Im Extremfall kann das zu Rechthaberei und einem unguten
Fundamentalismus führen.

Rückschauend hat sich aber gezeigt, dass die Polterer, die Klartext geredet haben, mehr bewirkten, als die sanftmütig Angepassten.

Dieser Tage fiel mir der Artikel des Evangelisten Theo Lehmann aus der
Zeitschrift “Confessio Augustana” – unter der Überschrift “Eindeutige Verkündigung – Plädoyer für die zugespitzte Predigt”, in die Hände.

Theo Lehmann berichtet davon, dass, während einer seiner Predigten, eine
Gruppe Jugendlicher aus Protest die Kirche verließ. Seine Mitarbeiter machten ihm daraufhin Vorwürfe: “So geht das nicht! Du hast zu hart gepredigt und die Jungs abgeschreckt und verscheucht!”

Eigentlich wollte er doch Menschen für Christus gewinnen. Und jetzt das!
Geplagt von schweren Zweifeln an seiner Predigtweise und seiner Eignung für den Dienst als Evangelist, begab es sich ins Bett.

Am nächsten Morgen sah er wieder klar: Es ist einfach so, dass jede Predigt vom Hörer eine Entscheidung verlangt, und die kann eben pro oder contra sein.

In seiner unnachahmlichen Art schreibt Theo Lehmann: “Noch die lahmste
Kanzelrede stellt den Hörer vor die Frage: ‘Glaub ich, will ich, mach ich, was der Pfarrer da sülzt? Oder hau ich ab und lass den samt seinen lieben Gott
einen guten Mann sein?'”

Unabdingbar ist, laut Lehmann, eine klare Verkündigung, die eine klare Entscheidung ermöglicht. Deshalb dürfen die ärgerlich-anstößigen Seiten nicht weggelassen werden. Das Verschweigen hat nichts mit Liebe zu tun – wonach man nicht “zu hart, zu spitz, zu lieblos” sein darf – sondern mit Feigheit.

Der Verkünder muss, als Herold seines Herren, dessen Botschaft vollständig,
eindeutig und klar, ohne Drumherumgerede, verkündigen. Also nichts
Verschleiern, Runterspielen und Weglassen. Die Botschaft nicht in Watte
packen, sondern zu einem spitzen Pfeil machen, der trifft.

Also keine Gummigeschosse unter dem Deckmantel der Liebe und Barmherzigkeit, weil es lieblos und unbarmherzig ist, den anderen sehenden Auges in ein Minenfeld oder in den Abgrund laufen zu lassen.

Verkünder und bekennende Christen sind Wegweiser auf Jesus Christus. Und jeder Wegweiser hat eine Spitze und diese Spitze soll man spüren. Die Frage kann, wenn es um ewiges Leben oder ewigen Tod geht, nicht die sein, ob wir uns dabei beliebt oder unbeliebt machen.

Auch Jesus sind viele davongelaufen, weil sie seine Botschaft nicht ertragen konnten. Das ist heute nicht anders. Den Leuten nach dem Mund zu reden und Ärgerliches wegzulassen, damit sie bei der Stange bleiben, ist in Sachen des Evangeliums ebenso unverantwortlich, wie einem Patienten, aus Angst
vor dessen Reaktion, eine lebensbedrohliche Diagnose zu verschweigen.

Jörgen Bauer

P.S. Zum Thema sich beliebt / unbeliebt machen:
Vor bald 50 Jahren beim Traugespräch mit unserem örtlichen Pfarrer – dem
ich mich zuvor als gottlos geoutet hatte (was ich damals war) – bemerkte ich,
dass man sich sicher unbeliebt macht, wenn man ständig von Jesus redet.
Der Pfarrer fuhr mich daraufhin regelrecht an: “Es ist nicht meine Aufgabe mich beliebt zu machen, sondern Jesus Christus zu verkündigen!”

Diese Aussage hat mich sehr beeindruckt, und ich habe sie nie vergessen
und später selbst verwendet. Denn hier tat sich etwas Neues auf: Es gab also noch etwas Größeres als den Menschen zu gefallen, sich anzupassen und im Strom mitzuschwimmen.