Wer hat dem Menschen den Mund geschaffen? Oder wer hat den Stummen oder Tauben oder Sehenden oder Blinden gemacht? Habe ich’s nicht getan,
der HERR?

2. Mose 4, Vers 11

Wir waren in einem Cafe, als eine Gruppe von Menschen hereinkam, bei der erkennbar war: „Aha, die haben heute Ausgang!“ Bei diesem Gedanken fiel
mir der Vers aus 2. Mose 4,11 ein, und ich fragte mich, warum mir, beim Anblick einer Behindertengruppe, nichts anderes einfällt.

Der Vers, der mir einfiel, steht allerdings in einem anderen Zusammenhang.
Es geht um die Berufung des Mose, bei der er sich etwas unwillig anstellte.

Aber dieser Umstand ist hier eigentlich nicht wichtig, sondern es geht um die Aussage Gottes, wonach er auch den Behinderten geschaffen und gewollt hat. Denn die Aussage stumm, taub, blind, lässt sich ganz gewiss auf alle anderen Behinderungen und letztlich sogar auf Krankheiten übertragen.

Ich finde diese Aussage sehr erstaunlich, und hier wird Gott rätselhaft für uns. Wir erwarten doch, dass Gott gesunde und vollkommene Menschen schafft oder doch zumindest Behinderte gesund werden lässt. Nach dieser Aussage
zu urteilen, ist dies aber eine menschliche Wunschprojektion auf Gott, der Gott nicht entsprechen muss.

Ein behinderter Mensch ist demnach kein „Betriebsunfall“ oder gar eine „Schlamperei“ Gottes, der damit seine „Unfähigkeit“ bewiesen hat, und es ist auch nicht so, dass daraus geschlossen werden könnte, dass es keinen Gott gibt, weil er sonst so etwas „nicht zulassen würde“ – nein Gott sagt ganz klar: „Ich habe auch diese Menschen gemacht und so gewollt“.

Das sollte uns sehr zu denken geben. Demnach hat kein Mensch das Recht hier „korrigierend“ einzugreifen, in dem „unwertes Leben“ vernichtet oder abgetrieben wird. Und was in unseren Augen „unwert“ erscheint, kann Gott
zu seiner Verherrlichung auch „ganz groß“ machen.

Es gibt Behinderte, die großartige Leistungen vollbracht haben und vollbringen.
Ich denke hier nur an den fast vollständig gelähmten, und bis zu seinem
Tod führenden Physiker Stephen Hawkins. Weitere Beispiele gibt es genügend.

Auch geistig Behinderte können durch ihre oftmals liebenswerte Art eine
Bereicherung für ihre Umwelt sein. Behinderte lehren uns, dass das Leben
mehr ist, als nur das Streben nach Erfolg, Gewinn und Ansehen. Gott stellt
sie uns, wenn man so will, “in den Weg” damit uns die Augen geöffnet werden und wir erkennen, dass es noch viel mehr gibt, als unser alltägliches Klein klein.

Zum Beispiel, dass es bei Gott auf etwas ganz anderes ankommt, als das,
was aus menschlicher Sicht erstrebenswert und ideal ist. Es geht darum IHN und Jesus Christus als unseren Herrn, Heiland und Erlöser zu erkennen und anzunehmen und uns gegenseitig zu tragen und einander anzunehmen.

Von daher haben die Nichtbehinderten gegenüber den Behinderten nichts voraus. Und deshalb können wir als äußerlich Nichtbehinderte auch unsere kleinen, oftmals unsichtbaren, Behinderungen, Beschränkungen und Einschränkungen annehmen.

Wir sollten über die Begriff Behinderung und Behinderter vielleicht einmal ganz
neu nachdenken.

Jörgen Bauer