Wer sein Leben zu erhalten sucht, der wird es verlieren; und wer es verlieren
wird, der wird es gewinnen.

Lukas 17, Vers 33

In diesem Vers, der in verschiedenen Variationen im Neuen Testament steht,
geht es darum, um Jesu willen alles aufzugeben, bis hin zum eigenen Leben.

Aber soweit will ich hier gar nicht gehen.

Wir haben die Neigung alles das, was wir besitzen, mehr oder weniger verbissen festzuhalten und zu verteidigen. Das entspricht dem Verhalten des
natürlichen Menschen. Und weil das so ist, verwenden wir viel Energie darauf
das Eigene zu sichern.

Und wie krank die Menschheit ist, lässt sich daran erkennen, welcher gewaltige
Aufwand getrieben werden muss, um uns vor uns selbst, das heißt, den
eigenen “Artgenossen”, zu schützen. Welcher Aufwand an Polizei, Militär,
Sicherungseinrichtungen und dergleichen!

Und das gilt nicht nur für das materielle Eigentum, sondern auch für unser Leben und unsere Gesundheit. Welcher gewaltige finanzielle Aufwand wird da
in Form von Versicherungspolicen und Vorsorgemaßnahmen, von Sicherheitsvorschriften erst gar nicht zu reden, getrieben!

Aber das beruhigt nicht unbedingt. Trotz aller Absicherungen und Garantien
bleiben Angst und Sorge vor unvorhergesehenen Ereignissen. Der Mensch, der
auf Erden Schätze sammelt und sein Herz an diese hängt, ist wirklich nicht zu
beneiden, denn Angst und Sorge steigen mit der Menge seiner Güter, die es zu
sichern gilt.

Wer nichts hat, kann nichts verlieren und dürfte demnach ein sorgenfreies Leben haben. Ist das so richtig? Ich habe mich jedenfalls eigentümlich frei gefühlt, als wir, vor bald 60 Jahren, aus der DDR kommend, nichts hatten.
Das änderte sich aber in dem Augenblick, als es mit uns wirtschaftlich aufwärts ging und es wieder etwas zu verlieren gab.

Eine kluge Politik sorgt deshalb dafür, dass das Eigentum breit gestreut ist,
weil das die Treue zum Staat und damit auch die Verteidigungsbereitschaft erhöht. Aber das sei nur ganz am Rande angemerkt.

Meine Haltung änderte sich, als ich zum Glauben kam. Wenn einmal klar geworden ist, dass es im Grunde nur um vergängliches Gut, also den Schrott
und das baufällige Haus von Morgen geht, wohingegen es ein unvergängliches Gut in der Ewigkeit gibt, ändern sich die Wertmaßstäbe.

Und so wurde es mir plötzlich möglich, mich innerlich von allen materiellen Gütern loszusagen. Da merkte ich auf einmal, wie unfrei man ist, wenn man sich an irdisches Gut hängt. Man wird dadurch regelrecht versklavt, was bereits mit der Sorge um den Besitz anfängt.

Die erstaunliche Erfahrung ist die, dass man durch das sich Lossagen nichts verliert. Im Gegenteil, man bekommt die Dinge auf eine ganz neue Weise zurück, in dem man sie ganz ungezwungen, fröhlich und frei als Gaben Gottes genießen kann.

Und noch etwas: Alles was wir haben, sind Leihgaben Gottes. Auch unser Leben ist ein geliehenes Leben. Auch unsere liebsten Angehörigen gehören uns nicht, sondern sind uns von Gott anvertraut. Dazu ein passender Spruch:
“Meine Eltern wollten ein Kind, Gott wollte mich!”

Wenn die Besitz- und Eigentumsverhältnisse (und Familienverhältnisse!) einmal im Lichte Gottes geklärt sind, lebt es sich ganz anders. Viel freier. zufriedener und glücklicher. Man kann dann auch fröhlich für Gottes Gaben danken, sie unbeschwert nutzen und andere daran teilhaben lassen.

Was nicht heißt, dass man für das anvertraute Gut und die uns anvertrauten Menschen, nicht verantwortlich wäre, wozu dann auch notwendige Versicherungen gehören, die mir schon gute Dienste geleistet haben. Aber das ist eine völlig andere Ausgangslage, als die, die dem Besitzdenken zugrunde liegt.

Versicherungen sind eine gute Sache. Der Grundgedanke ist der, dass niemand
so viel sparen kann, um größere Schäden bezahlen zu können. Gemeinsam
geht das aber: Alle Versicherten sparen gemeinsam zur Absicherung eines Risikos, das alle betrifft, wobei dann der Schaden des einzelnen, den es trifft, reguliert werden kann. Was unbedingt jeder haben sollte, ist eine Haftpfichtversicherung, weil es im Falle eines Schadens, den man verursacht, sehr, sehr teuer werden kann.

Um jetzt nochmals auf den Eingangsvers zurückzukommen:

Je verbissener wir festhalten umso mehr verlieren wir. Je mehr wir loslassen umso mehr gewinnen wir.

Jörgen Bauer