Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen
und Sinne in Christus Jesus.

Philipper 4, Vers 7

Ich erinnere mich noch gut daran, dass unser Pfarrer in Sommerfeld, einem Ort, der heute in der Stadt Leipzig aufgegangen ist, zum Ende des Gottesdienstes immer diesen Vers zitierte. Das ist jetzt bald 60 Jahre her – aber es gibt Dinge die prägen sich ein.

Weil das so ist, ist auch ein Religionsunterricht, in dem man mit den Grundlagen des christlichen Glaubens vertraut gemacht wird, eine sehr gute Sache.

Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass sehr vieles von dem, was ich damals in der Christenlehre gehört und zum Teil auswendig gelernt habe, nach Jahrzehnten plötzlich wieder lebendig wurde, als ich es brauchte.

Oft geht die Saat des Wortes Gottes erst nach Jahrzehnten auf und selbst das, was man mehr beiläufig zur Kenntnis genommen hat, trägt plötzlich Früchte. Deshalb lohnt sich der Religionsunterricht selbst dann, wenn die Schüler nur mäßiges Interesse zeigen.

Aber das nur am Rande.

Meinen alten Pfarrer traf ich vor über 30 Jahren wieder. Diesmal in Bad-Tölz. Rentner aus der DDR durften damals in den Westen reisen und der Pfarrer hatte einen Bezug zu diesem Ort.

In Bad-Tölz zeigte er mir eine Kirche, auf dessen Außenseite der Spruch,
“Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben,” prangte. Sicher ist
dieser Spruch als historisches Zeugnis gedacht – aber wir fanden diesen Spruch kurios. Was für eine Irreführung und Verdummung!

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges, und nicht nur da, war es so, dass es viele junge Männer gar nicht abwarten konnten, zur Schlachtbank geführt zu werden. In ihrer Verblendung versprachen sie sich Ruhm und Ehre, und es schien manchem unerträglich, beim Siegen nicht dabei sein zu dürfen.

Aber so war der damalige Zeitgeist, und man hat den Eindruck, dass es der Satan ist, der die Menschen verblendet und verführt. Heute ist der Zeitgeist ein anderer. Aber deshalb nicht unbedingt besser. Manche sind auch heute so verblendet, dass man meinen könnte, dass sie es gar nicht abwarten können, endlich in die Hölle zu kommen.

“Frieden” ist ebenso wie “Liebe” ein vieldeutiger und schillernder Begriff. Der Friede ist in einer Welt des Fressen- und Gefressenwerdens und des friedlosen menschlichen Herzens, dessen Dichten und Trachten böse von Jugend auf ist, überhaupt nichts Selbstverständliches.

Auch wenn sich alle den Frieden wünschen, ist der Friede keinesfalls etwas, was von dieser Welt ist. Es ist Gnade Gottes, wenn wir jetzt seit Jahrzehnten in friedlichen Verhältnissen leben.

Es ist Gott, als Herr der Geschichte, der Menschen dahingeben und das Böse zulassen kann – auch wenn ER selbst das Böse hasst. Gott ist es auch, der dem Bösen wehrt und Frieden schenkt, den ER auch jederzeit wieder wegnehmen kann. Der Friede liegt also nicht allein nur in der Hand der Menschen, auch wenn diese meinen, es sei so.

Der Friede Gottes, der nicht identisch mit dem Frieden in Gestalt friedlicher Verhältnisse in der Welt ist, tritt dort ein, wo man sich nicht sorgt, sondern im Gebet alles in Gottes Hände legt, so wie es im vorangehenden Vers 6 geschrieben steht. Also sein Leben im Glauben und in steter Gemeinschaft mit
Gott lebt.

Dieser Friede Gottes, der eine innere Ruhe und Gelassenheit auch dann noch schenkt, wenn es draußen friedlos zugeht, ist eine Erfahrung, die man als Christ machen kann.

Dieser Friede ist höher alle Vernunft, weil er nach menschlichem Ermessen unvernünftig ist. Aber es ist ein bewahrender Friede, der uns abschirmt, Herz und Sinne nicht irre werden lässt. Wer von diesem Frieden erfüllt ist, trägt damit auch zu friedlichen Verhältnissen in seinem Umfeld bei.

Nach diesem Gottes-Frieden lasst uns allezeit streben.

Jörgen Bauer