Wir haben nichts in die Welt gebracht; darum werden wir
auch nichts hinausbringen. Wenn wir aber Nahrung und
Kleider haben, so wollen wir uns daran genügen lassen.

1. Timotheus 6, Vers 7 und 8

Nur Nahrung und Kleider, ist das nicht ein bisschen wenig? Mein
alter Pfarrer pflegte angesichts solcher Aussagen von einer
“Sauren-Trauben-Theorie” zu sprechen.

Die Fabel kennt sicher jeder, wo der Fuchs Trauben naschen wollte,
die aber für ihn unerreichbar hoch hingen, weshalb er erklärte des-
halb nicht nach den Trauben zu greifen, weil sie ihm zu sauer sind.

Also nur Nahrung und Kleider zu haben, wäre für die meisten von
uns eine armselige Sache, und tatsächlich würde sich bei uns nie-
mand damit zufrieden geben, obwohl das eigentlich zum Leben
reichen würde. Ein Dach über dem Kopf sollte allerdings auch noch
dazu kommen.

Hier muss man dann fragen, ob bei uns im Land alle diese Grund-
versorgung haben. Weltweit gesehen ganz bestimmt nicht. Und
deshalb dürfen wir froh und dankbar sein, wenn wir unser Auskom-
men haben, auch wenn es bescheiden ist. Und wir wissen nicht,
ob wir nochmal heilfroh sein werden, wenn wir “nur” Nahrung und
Kleidung haben.

Ich denke aber, dass uns dieser Vers noch etwas anderes sagt,
nämlich dass man auch mit wenigem zufrieden sein kann. Hin-
sichtlich dessen, was als für das Leben notwendig angesehen wird,
hat jeder andere Maßstäbe, je nach dem Umfeld in dem er lebt.
Das war schon immer so, zumal auch die Männer und Frauen
der Bibel oftmals alles andere als arm waren.

Es geht darum, dass wir fragen, was im Leben wirklich zählt. Geht
es um ein erfülltes Leben, das wir in Gemeinschaft mit anderen
leben können, das aus uns befriedigenden Aufgaben und Tätigkei-
ten besteht oder machen wir unsere Zufriedenheit an materiellen
Dingen fest, in dem wir ständig nach noch mehr streben?

Im Urlaub kann man da oft die Menschen kennen lernen, und da
gibt es genügend die sich damit brüsten, was sie alles geschafft
und sich geleistet haben und was sie sich demnächst noch so alles
an neuesten Konsumgütern leisten werden.

Hier hängt das Selbstwertgefühl von solchen Dingen ab, und man
muss fragen, ob das eigentlich schon alles gewesen sein kann,
nachdem auch die schönsten Dinge irgendwann in der Mülltonne
oder im Schrott landen.

Da gilt es sich bewusst zu machen, dass wir nichts mitnehmen kön-
nen und das letzte Hemd keine Taschen hat. Wenn es ans Sterben
geht unterscheidet sich der Obdachlose in keinem Punkt vom Be-
wohner eines Palastes.

Das gilt es sich immer wieder bewusst zu machen und nach dem
zu fragen, was wirklich zählt, weil es erfüllt, und das sind die Schät-
ze, die wir im Himmel sammlen und die unvergänglich sind.

Solche Schätze sammeln wir durch Werke der Liebe, wenn wir uns
für unsere Mitmenschen interessiert, an ihrem Leben teilgenommen,
und mit ihnen unser Leben geteilt haben. Wenn wir Mitgefühl
und Hilfbereitschaft gezeigt haben und wenn wir unser Leben in der
Gemeinschaft mit Gott und im Gehorsam gelebt haben und uns
dieses viel wichtiger geworden ist, als das Streben nach immer noch
mehr.

Und viele sind durch eine solche Haltung so reich beschenkt worden,
dass sie tatsächlich nichts mehr benötigten als Nahrung und Kleider.
Gott schenke es, dass wir immer wieder erkennen, was wirklich zählt
und notwendig ist.

Jörgen Bauer