Und sie kamen scharf aneinander, sodass sie sich trennten.
Barnabas nahm Markus mit sich und fuhr nach Zypern.
Paulus aber wählte Silas und zog fort, von den Brüdern der
Gnade Gottes befohlen.

Apostelgeschichte 15, Vers 39 und 40

Um was ging es:

Paulus wollte, zusammen mit Barnabas, zu einer Besuchsreise
zu den bekannten Gemeinden aufbrechen, wobei Barnabas einen
Johannes mit dem Beinamen Markus mitnehmen wollte.

Damit war Paulus überhaupt nicht einverstanden. Vermutlich sah
er Markus als einen unsicheren Kantonisten an, weil dieser Paulus
und Barnabas bei ihrer ersten Missionsreise verlassen hatte.

Darüber kam es zu einer harten Auseinandersetzung, die dazu
führte, dass Paulus und Barnabas anschließend getrennte Wege
mit den ihnen jeweils genehmen Begleitern gingen, wobei anzu-
merken ist, dass sich besagter Markus später noch sehr bewährte.

Zwei Dinge sind hier beachtlich:

Einmal dass auch besonders begnadete Brüder ganz erheblichen
Streit bekommen können und einmal, dass das nicht geschönt,
sondern ungeschminkt berichtet wird.

Streit unter Brüdern, kann und darf es das überhaupt geben,
zumal wenn er dann noch zu einer Trennung führt? Wider-
spricht das nicht unserer Vorstellung einer steten geschwis-
terlichen Liebe wo alles harmonisch verläuft weil jeder Streit
in der den Christen eigentümlichen demütigen Haltung vermie-
den wird?

Ich denke, dass es sich bei dieser Vorstellung um ein unrealis-
tisches Klischee handelt, einem Wunschbild, wie man es gern
hätte, das aber völlig wirklichkeitsfremd ist. Jedenfalls werden
uns die “großen Verkünder” Paulus und Barnabas als ganz
normale Menschen gezeigt, bei denen es nicht ohne Streit ab-
geht. Und das ist in christlichen Kreisen bis heute nicht anders!

Der Versuch dem angeblich christlichen Idealbild zu entsprechen,
müsste zwangsläufig zur Heuchelei und damit zu der den Chris-
ten oftmals nachgesagten Falschheit führen.

Es darf, soll und muss deshalb in der Sache gestritten werden
können, auch wenn es dabei heftig zugeht. Was den Christen
hier von anderen unterscheiden sollte ist, dass sachlich gestritten
wird, ohne dabei zu beleidigen oder persönlich zu werden und
dass man sich entschuldigt und sich gegenseitig vergibt, wenn
man über das Ziel hinausgeschossen sein sollte.

Ein Streit kann im Ergebnis auch dazu führen, dass sich Wege
trennen müssen. Das führt aber zu keinem Hass aufeinander,
weil man sich, trotz aller Gegensätze, gegenseitig respektiert
und weiterhin in geschwisterlicher Liebe verbunden bleibt.

Und so kann man davon ausgehen, dass auch zwischen Paulus
und Barnabas keine Feindschaft fürs Leben entstanden ist, auch
wenn Barnabas in der weiteren Apostelgeschichte nicht mehr
erwähnt wird, sondern dass man sich trotzdem im Dienst in der
gemeinsamen Sache verbunden wusste.

Wo der Streit zur Zielfindung notwendig ist, darf diesem nicht
unter einem falschen Harmonieverständnis aus dem Weg gegan-
gen werden.

Darüber dass Paulus und Barnabas Gott um Wegweisung gebe-
ten hätten, wird nichts berichtet. Was nicht bedeutet, dass sie
es nicht getan haben. Aber Gott kann zum Erreichen des Zieles
jedem einen anderen Weg weisen.

Die Trennung zwischen Paulus und Barnabas hatte den positiven
Nebeneffekt, dass jetzt zwei Teams in unterschiedlichen Land-
strichen missionierten.

Jörgen Bauer