Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt,
aber es soll mich nichts gefangennehmen.
1. Korinther 6, Vers 12

Aber nicht jeder hat die Erkenntnis. Denn einige, weil sie bisher an die Götzen gewöhnt waren, essen´s als Götzenopfer; dadurch wird ihr Gewissen, weil es schwach ist, befleckt. Aber Speise wird uns nicht vor Gottes Gericht bringen. Essen wir nicht, so werden wir darum nicht weniger gelten; essen wir, so werden wir darum nicht besser sein. Seht aber zu, dass diese eure Freiheit für die Schwachen nicht zum Anstoß wird!
1. Korinther 8, Verse 7 – 9

Was dürfen Christen alles nicht? Das ist die Frage, wegen derer manche auf Distanz zum Glauben gehen. Viele können sich den Glauben nur als ein enges Korsett von Regeln, Vorschriften und vor allem Verboten vorstellen. Und deshalb geht man sofort auf Abstand, wenn vom Glauben die Rede ist. Der Gedanke, dass Gott dienen Freiheit bedeutet, scheint unsinnig, abwegig und völlig unmöglich.

Woher kommen solche Vorstellungen?

Denkbar wäre, dass nur nachgesprochen wird, was man von anderen gehört hat. Es könnte aber auch sein, dass solchen Aussagen eigene Erfahrungen zugrunde liegen.

Letzterem wollen wir nachgehen.

Wie wir den Versen, die dieser Betrachtung zugrunde liegen, entnehmen können, gab es schon immer ernsthafte Christen, die, in dem durchaus anerkennenswerten Bestreben, Gott zu gefallen und nichts falsch zu machen, einem Buchstabenglauben verfielen.

Für diese Christen ist die Bibel dann nicht mehr eine Gebrauchsanleitung für ein gelingendes Leben, sondern ein System von einengenden Vorschriften.
Von der Freiheit, zu der uns Christus befreit hat, ist dann nichts mehr zu spüren.

Im Extremfall kommt es zu einem unguten „Fundamentalismus“ in Gestalt eines Gesetzesglaubens, bei dem man „genau weiß, wie es richtig ist“. Und es ist erstaunlich, und manchmal direkt unfassbar, auf was manche dabei alles kommen, wo z.B. in übertriebener Weise alles “Weltliche” abglehnt wird,
angefangen bei der Haartracht und weiter, bei der Bekleidung,
bei Schmuck, Kosmetik und Festivitäten. Ungut ist es, wenn
so falsche Ideale zum Glaubens- und Lebensinhalt werden.

Besonders unangenehm wird es, wenn diejenigen, „die es ganz genau wissen“, denen, „die das anders sehen“, den „rechten Glauben“ absprechen.

Was Paulus über das Fleisch, das zuvor den Götzen geopfert wurde, schreibt, ist hier nur ein Beispiel, das sich auf andere Situationen übertragen lässt.

Eigentlich scheint es logisch, dass man Fleisch, das zuvor einem gottwidrigen Zweck diente, als Christ unmöglich essen kann. Aber Paulus stellt hier klar:

Selbstverständlich sollen wir uns nicht an heidnischen Festen beteiligen und den Götzen, wie auch immer geartete Opfer bringen. Aber – und das ist Entscheidende:

Dass eine Sache für den Götzendienst im Gebrauch war, macht diese dadurch nicht von vornherein, also ganz automatisch, zu etwas Schlechtem, zu etwas, was ein gläubiger Christ zu meiden hat. Fleisch bleibt also immer Fleisch und verändert sich dadurch, dass es zuvor den Göttern geopfert wurde, in keinerlei Weise. Etwas anderes zu glauben entspräche einem magischen Denken!

Paulus tadelt nun aber nicht die Schwachen im Glauben, sondern uns, wenn wir in Gegenwart eines Schwachen etwas tun, was dieser missbilligt, in Zweifel bringt oder ihn gar zu einem, in unseren Augen, „harmlosen Tun“, verleitet.

Wenn er sich zu etwas verleiten lässt, was er selbst als Sünde ansieht, wird es ihm tatsächlich zur Sünde, weil er dabei gegen sein Gewissen handelt. Auch könnte er Zweifel bekommen und vom Glauben abfallen, wenn er Gläubige etwas tun sieht, was in seinen Augen Sünde ist.

Die Liebe gebietet es hier, den Schwachen nicht in Nöte und Konflikte zu bringen, sonst wird uns diese Art der Rücksichtslosigkeit selbst zur Sünde.

An alledem hat sich bis heute nichts geändert.

An die Stelle des Götzenopferfleisches sind nur andere Dinge getreten. Unter umgekehrtem Vorzeichen könnte man zum Beispiel fragen, ob man eine zerfledderte Bibel zum Altpapier geben, abgenutzte sakrale Gegenstände der Müllabfuhr zuführen oder ein Kirchengebäude einem anderen Verwendungszweck zuführen darf. Ebenso können sich jede Menge Fragen, hinsichtlich des „richtigen“ christlichen Lebensstils ergeben.

Beim betenden Lesen der Schrift wird uns der Geist Gottes in alle Wahrheit leiten, denn Christus hat uns nicht frei gemacht, damit wir anderen, diesmal „frommen“ Zwängen erliegen. Und wenn es Gott schenkt, können wir dann auch zu einer Hilfe nicht nur für „christliche Bedenkensträger“, sondern auch für fragende Menschen werden und zu einem gesegneten Miteinander finden.

Jörgen Bauer