Christenverfolgung – eine klare biblische Einordnung

Bild mit Glas-Sanduhr auf dunklem Holztisch. Konflikte, Christenverfolgung.

In Nordkorea, Nigeria, Somalia, Jemen, Burundi oder China werden Schwestern und Brüder benachteiligt, verfolgt, gejagt, gefoltert und getötet. Christenverfolgung ist schon früh in der Entstehung der Kirche bereits ein Thema gewesen. Paulus sagt: „Als Sterbende – und siehe: wir leben“ (2. Korinther 6, 9). Das ist kein Kalenderspruch, sondern ein Blickwechsel. Und Paulus muss es ja wissen. Aus dem Verfolger Saulus wurde ein Verfolgter Paulus. Von außen: tödlich schwach. Von innen: von Gottes Leben getragen. Zwischen diesen Blicken müssen wir handeln – mit Herz, Kopf und Händen. Doch wie lebt man als Christ in Deutschland mit der Nachricht, dass in anderen Erdteilen Christenverfolgung in bedrückender Intensität geschieht?

Der biblische Weg: Herz & Haltung

„Denkt an die Gefangenen, als wärt ihr selbst mit im Gefängnis!“ (Hebräer 13, 3). Die Bibel ruft zur Solidarität, nicht zur Schaulust. Gedenken heißt: Namen lernen, Länder beten, Treue halten. „Leidet ein Glied, so leiden alle Glieder mit“ (1.Korinther 12, 26). Christenverfolgung ist keine Randnotiz der Kirche – sie ist wie eine Familiennachricht.

Die Psalmen sind manchmal roh: „Warum, HERR, stehst du fern?“ (Psalm 10). Klage angesichts von Christenverfolgung ist nicht Unglaube, sondern Liebe. Eine Liebe, die Gott seine zerrissene Welt im Gebet vorbringt. Sie kippt nicht in Zynismus, weil sie mit Fürbitte greift. Trost, Mut, Bewahrung, Auswege, offene Türen für Schutz. Bei der Fürbitte sind Ehrlichkeit und Konzentration wichtig: „Eine Frömmigkeit, die Gott, der Vater, als fleckenlos rein betrachtet, sieht so aus: Man besuche Waisen und Witwen in ihrer Not und beschmutze sich nicht am Treiben der Welt.“ (Jakobus 1, 27).

Unsere Schwachheit in dieser Welt begegnet Paulus mit: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“ (2. Korinther 12, 9). Das ist keine Vertröstung, sondern Auferstehungslogik. Tertullian beobachtete schon im 2. Jahrhundert: „Das Blut der Märtyrer ist der Same der Christen.“ Die Kirche wächst nicht durch Image, tolle Veranstaltungen, Action oder Anpassung an gesellschaftliche Trends, sondern durch Treue unter Druck. Wir sind nur ein paar Jahre auf dieser Welt. Unser zeitliches Erdenfenster ist kurz. Jesus gibt uns die Hoffnung mit: „In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen“ (Johannes 14, 2). Ewigkeit ist also nicht Flucht, sondern der Grund eines Handelns aus einer Sicherheit heraus.

Aus dieser Sicherheit heraus, können wir vielleicht nun besser verstehen, wieso Jesus Frontlinien durchbricht. Er lobt den Glauben eines römischen Offiziers (Matthäus 8, 5-13), spricht mit einer Samariterin am Brunnen (Johannes 4), erzählt vom barmherzigen Samariter (Lukas 10, 25-37) und lehrt: „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen“ (Matthäus 5, 44).

„Verfolgung“ wird heute oft als politische Waffe verwendet: Wer sich zum Opfer macht, erlaubt sich Härte und Hass. Aber wir Christen sollen einen anderen Maßstab anlegen. Die Feindesliebe, wie Jesus sie fordert, ist eine Herausforderung und ein Widerstand gegen den Sog des Hasses. Sie entgiftet unser Herz, während wir zugleich Recht und Schutz einfordern (Psalm 82).
Petrus warnt: „Lasst euch durch die Feuerprobe nicht befremden“ (1.Petrus 4, 12-16). Wer sich an Christus orientiert und ihm nachfolgt, wird häufig angefochten. Doch Hoffnung ist nicht naiv. Sie ist die feste Erwartung, dass der auferstandene Herr seine Leute nicht verlässt – hier mit verborgenen Hilfen, dort mit offenem Eingreifen, und einst mit vollendeter Gerechtigkeit.

Der pragmatische Weg

Es hilft, sich auf wenige, verlässliche Informationskanäle zu konzentrieren, statt jede Schockmeldung zur Christenverfolgung unreflektiert weiterzuleiten. Wer prüft, bevor er etwas verbreitet, schützt Betroffene vor zusätzlicher Gefährdung. Ein fester Wochenrhythmus – ein klarer Zeitraum, um sich zu informieren und zu beten – verhindert, dass Nachrichten uns beherrschen.

Aus dieser Haltung heraus werden Beten, Geben und Anwaltsein konkret. Mache eine kurze Liste mit Namen und Ländern, richte einen Dauerauftrag an eine transparente Hilfsorganisation, ein Brief oder eine Mail an deine Abgeordnete, mit einer Frage zu Berichten zur Religionsfreiheit. So bekommt Mitgefühl Hände und Füße.

Deine Gemeinde kann eine Partnerkirche oder ein Projekt begleiten. Austausch, Gebet, Besuche und regelmäßige Updates schaffen Nähe. Aus „den verfolgten Christen dort“ werden „unsere Geschwister“. Nähe erzeugt Treue – und Lernfähigkeit, auch im Blick auf unsere eigenen blinden Flecken.

Auch Politik und Wirtschaft gehören in den Blick. Freundlich-bestimmt lässt sich einfordern, dass Religionsfreiheit in Außenpolitik und Sicherheitszusammenarbeit verankert und die Christenverfolgung angesprochen wird, Täter klar benannt und Sanktionsinstrumente genutzt werden, Polizei und Rechtsstaatlichkeit vor Ort gestärkt werden. Zugleich ist es ehrlich und im Sinne Christi, Lieferketten zu prüfen und möglichst keine Profite aus Gewalt- oder Unterdrückungsökonomien zu ziehen.

Wer verfolgt – und warum?

In Teilen der islamistischen Szene werden Koranverse und Traditionen häufig so ausgelegt, dass Gewalt gegen „Ungläubige“ legitim ist – das schürt Hass und verschärft Frontlinien. Doch es greift zu kurz, pauschal „den Islam“ als Ursache der Verfolgung zu benennen.

Die religiöse Sprache wird genutzt, um zu mobilisieren, radikalisieren, Loyalität zu erzeugen und Gewalt zu kaschieren. Religion liefert Fahne und Erzählung, ist aber nicht immer der Auslöser oder Motor.

Es gibt Staaten, die im Rahmen ihrer strategischen Interessen, zwar bereits in ihrem eigenen Land Christen unterdrücken, aber zusätzlich Einfluss auf andere Regierungen nehmen. So werden Menschen in anderen Ländern radikalisiert, um gezielte Formen von Christenverfolgung zu fördern. Wenn man sich die globalen Wirtschaftsverflechtungen anschaut, die Wirtschaftsgeschichte kennt und die Weltkarte der Christenverfolgung danebenlegt, dann kann man erkennen, dass es um mehr als nur religiöse Gegensätze geht. Auch Unternehmen oder kriminelle Vereinigungen sind Initiatoren von Glaubenskonflikten.

Doch es wäre auch falsch, Ideologie kleinzureden. Es gibt Gruppen, für die religiös-ideologische Ziele zentral sind. Ideologie und Kulturkampf treiben die blutigsten Keile zwischen den Menschen.

Verfolgung und Vertreibung wird dann zur Verhandlungsmasse im globalen Kulturkampf. Wer die Deutungshoheit gewinnt, treibt Spenden, Rekruten und zusätzlichen Einfluss ein.

Häufig instrumentalisieren Strippenzieher, denen es vor allem um Geld und Macht geht, im Hintergrund die Menschen. Zugleich glauben manche Täter wirklich, was ihnen eingeredet wird – und radikalisieren sich in diesem Narrativ „Wir gegen die Ungläubigen“ immer weiter.

Zur Ehrlichkeit gehört auch der Blick nach innen. In manchen christlich geprägten Ländern entsteht eine „umgekehrte Verfolgung“ mit Mustern der Christenverfolgung, in der sich Menschen auf „christliche Werte“ oder das „christliche Abendland“ berufen – und dann selbst diejenigen diffamieren oder bedrängen, die nicht in ihr traditionelles Bild passen. Muslime, Menschen mit anderer Herkunft oder Kultur, queere Menschen, politische Gegner. Sie werden zum Feindbild erklärt. Aber aus Sicht des Evangeliums ist das ein Verrat an Christus. Christen haben keinen Auftrag, eine bestimmte Kultur mit Härte zu verteidigen, sondern Menschen zu lieben. Wer anderen Schaden zufügt oder dazu beiträgt, weil ihm Herkunft, Lebensstil, sexuelle Orientierung oder Meinung nicht gefallen, stellt sich gegen den Auftrag Jesu.

Und wie begegnen Christen den Verfolgern?

Für Jesus zählte nicht Herkunft, Sprache, Kultur oder Religion. Auch Vorurteile hielten ihn nicht auf. Er ging sogar zu den verhassten Römern, die als Eindringlinge ihre eigene Kultur mitbrachten und teilweise anderen aufzwangen. Jesus war auch bei den Menschen, die von der Gesellschaft gemieden wurden.

Jesus lehnt Vergeltung ab. Er verbietet Petrus das Schwert und betet am Kreuz für seine Peiniger. Feindesliebe heißt nicht „alles schlucken“, sondern: Ich verweigere den Hass. Ich lasse nicht zu, dass die Gewalt von außen mein Inneres vergiftet. Ich bete für Veränderung, ich überlasse Gott das letzte Urteil. So werde ich nicht zum Spiegelbild der Täter.

Gleichzeitig ist Feindesliebe kein Aufruf zum Wegsehen. Die Bibel kennt die klare Anklage: „Schafft dem Geringen und dem Waisenkind Recht!“ (Psalm 82, 3). Christen dürfen und sollen Schutz einfordern, Unrecht benennen, Polizei, Gerichte und internationale Gremien nutzen. Wer Opfer schützt, widerspricht Tätern – ohne selbst zum Täter zu werden.

Praktisch heißt das, wir halten an der Gotteskindschaft jedes Menschen fest, auch des Verfolgers. Wir beten für seine Umkehr, setzen ihm aber Grenzen. Wir suchen Versöhnung, wo sie möglich ist. Und Abstand, wo er nötig ist. Wir lassen uns nicht in den Sog des Hasses ziehen, sondern bleiben – so gut wir können – Zeugen eines anderen Reiches: eines Reiches der Gerechtigkeit und des Friedens.

Ein Weg der Hoffnung

Am Ende steht nicht die Ohnmacht gegenüber der Christenverfolgung. „Als Sterbende – und siehe, wir leben“ (2.Korinther 6, 9) ist die Handschrift des Evangeliums. Unser Leben hier ist kurz, aber bei Gott ist Platz genug. Diese Hoffnung ist kein Beruhigungsmittel, sondern Antrieb. Wir verweigern nicht das Mitgefühl, aber wir verweigern die Resignation. Wir klagen, ohne zu verbittern. Beten, ohne untätig zu bleiben und helfen, ohne uns an Gottes Stelle zu setzen.

Und wenn dich das Leid der Christenverfolgung packt: Heb die Augen. Christus ist nicht nur am Ende der Geschichte König – er ist es jetzt. In seinen Händen ist die leidende Kirche nicht Beute, sondern Braut. Nicht Ware im Kulturkampf, sondern Licht im Dunkeln. Darum gehen wir ruhig, mutig, mit Liebe, die nicht verbrennt, sondern wärmt.

Es grüßt Sie

Munir Hanna
für das Evangeliumsnetz e.V.


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