ER muss wachsen, ich aber muss abnehmen.

Johannes 3, Vers 30

Die „Selbstverwirklichung“, die „Pflege und Entwicklung der eigenen Per-
sönlichkeit“, kurzum das ICH, ist ein Thema, das naturgemäß bei vielen
Menschen „ankommt“. In der letzten Zeit scheint das Interesse daran
wieder gewachsen zu sein, denn in verschiedenen Zeitschriften waren
entsprechende Beiträge zu lesen.

Wenn man sieht, welchen oftmals negativen Einflüssen und Belastungen
die Menschen ausgesetzt sind, die zu Unzufriedenheit, Unsicherheit und
Selbstzweifeln führen, ist es nur zu verständlich, wenn nach einem festen
Grund, nach einem gefestigten Selbstbewusstsein und nach emotionaler
Sicherheit gesucht wird.

Die Angebote, die hier gemacht werden, stehen unter der Überschrift:
„Die Kraft steckt in dir selbst, du musst sie nur entdecken und nutzbar
machen!“

Und um diese Kraft zu entdecken, werden dann die unterschiedlichsten
Methoden und Kurse angeboten. Dabei sind die Berichte derer zu lesen,
denen durch solche Angebote zur Selbsterkenntnis und damit zu einer
neuen Lebensqualität verholfen werden konnte.

Ist das nun etwas revolutionär Neues, bisher noch nicht Dagewesenes
oder ist es eher ein Armutszeugnis, wenn Menschen auf diese Weise
auf die Sprünge geholfen werden muss?

Es ist gar keine Frage, dass wir zu Persönlichkeiten werden sollen und
dazu ein gesundes Selbstwertgefühl benötigen. Aber sollte es nicht so
sein, dass uns das Leben selbst formt und wir dazu in allererster Linie
Menschen brauchen, mit denen wir uns austauschen können, die uns
korrigieren, stärken und auch bestätigen?

Und wenn es an diesem, eigentlich nur zu natürlichen Umfeld fehlen
sollte, helfen dann einmalige Kurse weiter? Sicher sind diese nicht
ganz nutzlos. Aber muss das hier Gelernte nicht ständig wiederholt
und vertieft werden, was in neue Abhängigkeiten führt?

Und was bewirken solche Kurse? Lassen sie uns zu verständnisvollen
und angenehmen Menschen werden oder fördern sie eher unseren Ego-
ismus, durch den wir uns dann von unseren Mitmenschen abgrenzen?
Sind diese dann ihrerseits gezwungen, sich durch entsprechende Kur-
se aufrüsten zu lassen, um mithalten zu können?

Wie eigentlich nicht anders zu erwarten, lehrt uns das Wort Gottes hier
einen völlig anderen Weg, bei dem es gerade nicht darum geht, zu ent-
decken und zu pflegen, „was in mir steckt“, sondern, ganz im Gegenteil,
diesbezüglich „abzunehmen“ und stattdessen Jesus Christus groß wer-
den zu lassen.

Aber ist das nicht sehr theoretisch? Ist das überhaupt ein gangbarer
Weg, oder etwas, bei dem man am Ende wiederum der Dumme ist?

Das kommt darauf an, wie man das anfängt!

Zuerst gilt es zu erkennen, dass es gerade unser ICH ist, das uns oftmals
im Wege steht. Die Erfahrung, die man hier machen kann, bestätigt die
Aussage des Apostels Paulus, wonach „in mir nichts Gutes ist“. Und wa-
rum sollte gerade das noch gefördert und gestärkt werden?

Wir merken, dass uns etwas von Grund auf fehlt, weshalb wir, trotz aller
Lehrgänge, allen mentalen Trainings und aller Übungen zur Stärkung des
Selbstbewusstseins, letztlich immer wieder nur auf uns selbst zurückfal-
len werden und im Grunde damit alles beim Alten bleibt.

Was uns wirklich hilft, kann deshalb nicht in uns selbst stecken, sondern
muss von Außen in uns hineinkommen. Und hier gilt es auf Jesus Chris-
tus hinzuweisen, der die Stelle des ICH einnehmen muss, wenn es mit
uns wirklich und nachhaltig besser werden soll.

Wem diese Verbindung zu Christus geschenkt wurde, ist tatsächlich von
Grund auf neu geworden. Der hat alles das und noch vielmehr bekommen,
was andere in den Übungen zur Stärkung der Persönlichkeit suchen. Die
Veränderung, die Christus in einem Menschen bewirkt, bleibt auch Außen-
stehenden nicht verborgen, die dann feststellen, dass der oder die Betref-
fende nicht wiederzuerkennen ist.

So zeigt sich auch hier, dass Gottes Logik unserer natürlichen Logik dia-
metral entgegengesetzt ist. Wie schön für uns, dass wir in Christus und
im Wort Gottes alles das umsonst bekommen, für das andere eine Menge
Geld auszugeben bereit sind!

Jörgen Bauer