Weh euch ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr seid wie die
übertünchten Gräber, die von außen hübsch aussehen, aber innen sind sie voller Totengebeine und lauter Unrat.

Matthäus 23, Vers 27

Mit den Pharisäern ging Jesus desalb sehr hart ins Gericht, weil bei ihnen
Anspruch und Wirklichkeit in eklatanter Weise auseinanderklafften. Jesus
sparte dabei nicht mit harten Worten wie “Schlangen- und Otternbrut”.

Worte, die zu einem Jesus, der uns gerne als nur sanftmütig vermittelt wird,
nicht zu recht passen wollen. Solche Worte würde man heute als “äußerst
lieblos” bezeichnen.

Ich glaube aber nicht, dass Jesus lieblos war. Nach Jesu Worten befanden sich die Pharisäer und Schriftgelehrten auf dem direkten Weg in die Hölle und wenn man bedenkt, was Hölle bedeutet, dann kann die Liebe nicht im sanften “toleranten” Säuseln, sondern nur in harschen Worten bestehen,
durch die den so Angesprochenen der Ernst der Lage bewusst wird und damit vielleicht in Umdenken einsetzt.

Den Typ des Schriftgelehrten und insbesondere des Pharisäer gibt es bis
heute und das nicht nur in religiösen und kirchlichen Kreisen, sondern in
allen Lebensbereichen, wobei der Pharisäer eher den unguten Zeitgenossen
zuzurechnen ist.

Pharisäer sind das, was man als herzlose Bürokraten und Paragraphenreiter –
despektierlich als “Sesselfurzer” – bezeichnet, die sich hinter Gesetzen und
Vorschriften verschanzen und ihr Selbstwertgefühl aus dem genauesten Einhalten der vorgegebenen Regeln beziehen.

Aus den Evangelien ist erkennbar, dass den Pharisäern das pingelige Einhalten von Formalvorschriften wichtiger war, als eine notwendige Hilfeleistung.
Der Schriftgelehrte trat weniger unangenehm in Erscheinung, sondern war
möglicherweise eher der Typ des “furchtbaren Juristen”.

Im christlichen Bereich gibt es den Gesetzesglauben, der ebenso Ausdruck
einer Fehlentwicklung ist.

Allen gemeinsam ist die Lieblosigkeit gegenüber dem Nächsten und
Mitmenschen. Und möglicherweise kann sich der Pharisäer auch selbst
nicht ausstehen, denn nur wer sich selbst bejaht, kann auch andere
annehmen.

Nun wäre es aber falsch, auf den Pharisäer zu zeigen.

Denn das Problem liegt darin, dass wir allesamt die Neigung zum Pharisäertum
haben, nämlich dann, wenn wir uns selbstgerecht und selbstsicher über
andere stellen, um diese zu verurteilen, und das kann schleichend schon bei
Kleinigkeiten anfangen.

Wir können unseren Herrn und Heiland hier nur bitten, dass er auf uns
aufpasst und zurückruft, wenn wir einen falschen Weg einschlagen wollen.

Jörgen Bauer