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Es gibt verschiedene Themen, die sollte man mit Freunden und in der Familie nicht behandeln, wenn man tiefen Streit und Zerwürfnisse vermeiden möchte. Zu den Tabuthemen gehören neben Gesundheit, Geld, Erziehung auch Religion und Politik. Derzeit kann das Thema Politik als heißes Eisen gezählt werden. Man kann sich bei diesem Thema meist unbeliebt machen. Trotzdem möchte ich zum Nachdenken und Reflektieren über das derzeit unangenehme Thema einladen und gemeinsam prüfen, was wir aus der Bibel für uns Christen ableiten können.

Es gibt viele gute Gründe, warum man als Christ die Hände vom Thema Politik sein lassen sollte. Andererseits finden wir viele Beispiele in der Bibel, wie gläubige Menschen sich in politischen Situationen verhalten und wir wichtige Hinweise für uns heute bekommen.

Schauen wir uns also einige wichtige Beispiele an.

Biblische Beispiele für politisches Engagement

Joseph (1. Mose 41) stieg als Gefangener zum zweitmächtigsten Mann Ägyptens auf. Er nutzte seine Weisheit und Gottes Führung, um Ägypten vor einer Hungersnot zu bewahren. Er holte seine Brüder, die ihn schlecht behandelten, mit ihren Familien und seine Eltern nach Ägypten nachgeholt. Heute würde man sagen, seine Familie sind Wirtschaftsflüchtlinge und Joseph nutzte die Möglichkeit des Familiennachzugs.
Sein Beispiel zeigt, wie Gott Joseph gesegnet hat. Durch ihn wurden seine Familie und Ägypten für sehr lange Zeit gesegnet. Die Barmherzigkeit der Ägypter kam ihnen zugute, dank Joseph. Hier sehen wir, dass politische Verantwortung mit göttlicher Weisheit und Dienstbereitschaft verbunden sein sollte.

Daniel (Daniel 6) lehnte Babylon mit dessen politischem System und dessen Kultur im Grunde ab. Dennoch diente er treu und verlässlich. Der Lohn: er wurde in Babylon in höchste politische Ämter berufen. Er durfte Rat geben und konnte so auf Gesetze Einfluss nehmen. Aber er blieb konsequent seinem Glauben treu. Trotz hohem politischem Druck hat er Gott gegenüber Treue bewiesen. Er kompromittierte niemals seine Hingabe an Gott – auch nicht, als er von außen betrachtet einen „politischen Selbstmord“ durchführte und seine Treue zu Gott ihn beinahe das reale Leben kostete. Er war seinem Gönner und König ungehorsam, weil er zuerst ein Diener Gottes war. Dies verdeutlicht: Ein Christ kann sich in der Politik engagieren, doch er muss bereit sein, die Prioritäten zu beherzigen und für seine Prinzipien einzustehen.

Johannes der Täufer (Matthäus 14, 3-4) sprach gegen die moralischen Verfehlungen von König Herodes und bezahlte seinen Mut mit dem Leben. Er zeigt, dass prophetisches Zeugnis auch bedeutet, unpopuläre Wahrheiten in der Politik auszusprechen und die Vorbildfunktion der Herrscher einzufordern. Wenn die Regierenden kein Vorbild sein können, dann geht irgendwann jede Ordnung verloren.
Und bevor sich jetzt mancher wie ein Johannes der Täufer fühlt und zu Kritik an etwas bevollmächtigt fühlt: Johannes der Täufer hat moralische Verfehlungen angesprochen, die jedem Faktencheck standgehalten haben. Der von Johannes der Täufer angesprochene Herodes konnte es weder verleugnen noch vertuschen. Es gab keinen Millimeter des Zweifels. Glasklare Sache! Heutzutage wird aber schneller eine Information weiterverbreitet, als sie geprüft und darüber nachgedacht wird.

Nun das letzte Beispiel: Als Jesus vor Pontius Pilatus stand (Johannes 18, 36-40), sagte er: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ Damit macht er klar: Das Reich Gottes hat Vorrang vor irdischen Herrschaftssystemen. Jesus erkannte die weltliche Macht und ihre „Spielregeln“ an, doch er ordnete sie der geistlichen Wahrheit unter.

Das Reich Gottes steht über allem. Und dort gelten Gottes Maßstäbe, die in diese Welt durch uns Christen hineinstrahlen.

Jesus machte bei seiner eigenen Gefangennahme deutlich, es geht nicht um die Durchsetzung der Maßstäbe Gottes auf dieser Welt.
Dies belegen Stellen, wie die gerade erwähnte Johannes-Stelle mit „Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre es von dieser Welt, würden viele für mich kämpfen, damit es nicht so kommt, wie es kommen muss.“ oder in Matthäus 26, 53: „Oder meinst du, dass ich nicht könnte meinen Vater bitten, dass er mir zuschickte mehr denn zwölf Legionen Engel?“

Zwölf Legionen Engel! Das muss man sich einmal vorstellen. Zur damaligen Zeit waren in der Region gerade mal zwei römische Legionen stationiert. Und das galt schon als viel. In Krisenzeiten wurden noch weitere ein bis zwei Legionen dorthin verlegt.

Und Jesus spricht von zwölf Legionen! Dazu noch von Engel und nicht von römischen Soldaten, die damals schon als die besten Krieger der damaligen Zeit galten. Wenn man sich vor Augen führt, wie die Bibel die Macht und teils Wirkung von Engel beschreibt, dann versteht man, welche gewaltige Macht Jesus jederzeit zur Verfügung stand, um auf der Erde sich durchsetzen zu können – wenn er gewollt hätte. Jesus macht deutlich, dass es nicht darum geht, mit aller irdischer Macht und mit allem menschlichen Wollen dem Willen Gottes auf dieser Welt zur Geltung zu verhelfen. Gott ist weder auf diese Erde angewiesen noch darauf, dass seine Vorstellungen durch seine Gläubigen verteidigt oder durchgesetzt werden sollen.

Lüge, Verführung und Ideologien in der Politik

Je intensiver man sich mit Politik befasst, umso mehr erkennt man die Schwierigkeit, mit christlichen Werten zu bestehen. Politische Systeme können Menschen mit Halbwahrheiten gewinnen, korrumpieren und von Gottes Wahrheit ablenken. Parteien oder Politiker können gute Punkte vertreten, doch wenn der treibende Geist insgesamt unbiblisch ist, sollte man vorsichtig sein. Ein Christ sollte nicht blind einem politischen Lager folgen, sondern prüfen, ob das Gesamtbild mit christlichen Werten übereinstimmt.

Doch wenn man schon das Gute nicht mehr klar erkennen kann, nichts mehr durchschauen kann, wie erkennt man das geringste Übel?
Indem man die Bibel als Maßstab nimmt und fragt: Dient diese Entscheidung dem Guten? Ist sie wahrhaftig, gerecht und barmherzig? Entspricht es der Liebe Gottes?
Es wird nie eine perfekte politische Wahl geben, aber man kann diejenige treffen, die am wenigsten mit Gottes Prinzipien in Konflikt steht. Daher ist gutes Bibelwissen und intensiver Kontakt zu Gott sehr wichtig, um besser zu erkennen, was Gott einem sagen möchte.

Christliche Werte als politischer Codex

Wir haben an den Beispielen eben gesehen, dass aus der Bibel heraus kein Widerspruch abgeleitet werden kann, wenn Christen sich mit Politik befassen oder dort engagieren. Für politisch engagierte Christen gelten genauso die klaren Maßstäbe, wie auch für Christen in der Wirtschaft oder im Beruf, in der Familie, beim Sport und überall da, wo man sich gerade befindet.
Welche Maßstäbe? Die, die uns durch die Bibel an vielen Stellen an die Hand gegeben werden. Hier die Grundprinzipien mit Beispielstellen in der Bibel:

Diese Prinzipien müssen im gesamten politischen Engagement erkennbar sein. Ein Christ sollte nicht einen einzelnen Aspekt herauspicken, der ihn anspricht, während er übersieht, dass das Gesamtbild von Unwahrheit, Korruption oder Manipulation durchzogen ist. Man gerät selbst auf die schiefe Bahn und entfernt sich von Gott, wenn man wegen scheinbar guter Werte, einem bösen Geist in einer Organisation nachfolgt und unterstützt. Oft genug rufen Politiker und ihre Parteien, dass nur mit ihnen die Rettung gelingen kann. Es werden gerne schlimme Zustände in den Mittelpunkt gestellt und oftmals mit Ängsten das Kopfkino angeworfen.
Der Teufel bietet immer gerne „Deals“ an und hängt eine Möhre vor einem. Sobald man danach schnappt, zieht man die Karre, vor der man sich hat anspannen lassen. „Du bekommst, was du dir wünschst. Dafür bekomme ich …“ und hier klingt die Gegenleistung fast immer harmlos und unerheblich.

Obwohl die Bibel vor Täuschung und Verführung durch Ideologien (Kolosser 2, 8) warnt, kam es in der Geschichte der Menschheit schon oft vor, dass Kirchen und eine große Anzahl an Christen sich haben vereinnahmen lassen. Manchmal wurden vermeintliche christliche Werte als Maßstab an den anderen gelegt und vergessen, der eigenen Position den Maßstab Gottes anzulegen. Das Gute gewollt, aber zum Instrument des Bösen geworden.
Um die Geister zu unterscheiden, um das Offensichtliche und Hintergründige zu erkennen, gehört einiger Abstand und starke Fokussierung auf Jesus.
Jesus-Nachfolger werden von autoritären Regierungen in dieser Welt gefürchtet, weil sie sich durch ihre starke Ausrichtung auf Jesus und der Bibel nicht manipulieren lassen und durchschauen, worauf es tatsächlich ankommt. Nämlich darauf, Menschen unabhängig von Menschen werden zu lassen, indem sie abhängig von Gott werden.

Hinterfrage dich selbst, was du unterstützt und wie du deine Debatten führst. Entspricht deine politische Einstellung den christlichen Prinzipien? Lege den Maßstab Gottes an dem an, was dir so durch den Kopf geht.

Reich Gottes zuerst

Jesus gibt uns einen Tipp: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch alles andere zufallen“ (Matthäus 6, 33). Das bedeutet:

  • Unsere Hoffnung liegt nicht in politischen Systemen, sondern in Christus.
  • Wir haben nicht den Auftrag, christliche Werte in dieser Welt durchzusetzen – auch nicht um unserer eigenen Kinder willen! Es geht auch nicht darum, dass christliches Leben in einem Land oder einer Gesellschaft verteidigt werden sollen. Wir sind auch nicht auf dieser Welt, damit wir unseren Wohlstand und uns unsere Sicherheit erhalten.
  • Politische Aktivität darf niemals die Nachfolge Jesu verdrängen.
  • Das Evangelium hat Vorrang vor jeder politischen Idee. D.h., jede Aktivität soll dazu führen, dass Menschen die Gelegenheit bekommen, sich für ein Leben mit Jesus zu entscheiden.

Ein Christ sollte als Salz und Licht in seinem Umfeld wirken. Aber er sollte nicht seine Hauptenergie darauf verwenden, politische Überzeugungen zu verbreiten, sondern das Evangelium. Das bedeutet nicht, dass man sich völlig aus der Politik heraushalten muss, aber man sollte seine Zeit und Prioritäten weise setzen.

Christen haben die Verantwortung, sich für Wahrheit, Gerechtigkeit und Nächstenliebe einzusetzen – auch in der Politik. Doch sie sollten wachsam sein, sich nicht von Ideologien blenden zu lassen. Die höchste Pflicht eines Christen bleibt die Nachfolge Jesu, nicht die politische Debatte. Alles Denken, Reden und Tun eines Christen muss sich Jesus unterordnen.

Ihr
Munir Hanna
für das Evangeliumsnetz e.V.