Der aufmerksame Leser hat schon bemerkt, ich gehe öfter mal einkaufen. So war auch neulich im Supermarkt vor mir ein Wagen, der aussah wie ein Notvorrat für die nächsten drei Apokalypsen. Die Kundin flüstert: „Man weiß ja nie.“ Ich nicke verständnisvoll – und höre gleichzeitig den inneren Chor: „Glauben im Mangel… oder erst glauben, wenn das Regal voll ist?“ Wir lieben volle Körbe, volle Konten, volle Kalender. Doch was, wenn Gottes Versorgung nicht mit Überfluss beginnt, sondern mit Vertrauen? Vielleicht ist „Glauben im Mangel“ die ehrlichste Form von Mut – und genau dort setzt die Geschichte in Markus 8 von der Speisung der Viertausend an, wo Jesu Fürsorge auf unsere Nervosität trifft.
Markus berichtet nüchtern: „Ihrer waren bei viertausend, die da gegessen hatten“. Martin Luther legte den Finger auf unsere menschliche, innere Zitterpartie: „Fleisch bleibt Fleisch.“ Wenn keine Not ist, „glaubest du tapfer“; kommt Mangel, „so heulest du“ – und schaust neidisch auf jene, die „viel Wein und Korn“ haben. Das erinnert an Psalm 4. Jesus dagegen sieht die Menge bereits „gesättigt“ – schon lange bevor ein Brot gebrochen ist. Sein Blick ist nicht vom Leeren geleitet, sondern von der Treue des Vaters. So prallen zwei Welten aufeinander: der Mangelblick der Jünger und der Versorgungsblick Christi.
Aber wir Menschen sind fleischlich, d.h. nicht nur einfach Körper, sondern wir haben eine verletzliche, kurzsichtige Natur – ein Herz, das im Sichtbaren ankert. Es rechnet mit Vorräten, nicht mit Verheißungen. Demgegenüber steht Gottes Vorsehung. Gott ist nicht der entfernte Uhrmacher, sondern der geöffnete Vaterhand-Geber. Jesu Handeln offenbart genau diese Vaterhand.
Der Glaube ist nicht fleischlich, sondern ruht in Gottes verlässlichem Charakter. Darum kann Christus die zukünftige Sättigung „sehen“, so als sei sie schon geschehen. Die Jünger aber stehen im Datennebel. „Wo sind Brote?“
Glaube heißt nicht, Fakten zu leugnen, sondern sie in den größeren Horizont der Verheißung Gottes und seinem Willen zu stellen. Zwischen Mangel und Mahl liegt kein magischer Trick, sondern der Weg über Jesu Hände – nehmen, danken, brechen, teilen. Daraus entsteht Segen und ein Mehr.
Wie sieht das praktisch aus?
Man könnte den Blickwechsel üben. Das „Fleisch“ zoomt auf Leere und Vergängliches: Konto, Kühlschrank, Kraft, Ideologie. Der Glaube zoomt auf die Hand Gottes. Starte den Tag mit einem kurzen „Hand-Gebet“. Z.B. mit „Vater, du öffnest deine Hand – lehre mich heute aus ihr zu leben und dir zu vertrauen.“
Eine andere Variante ist vom Gefühl zum Gehorsam überzugehen. Gefühle schreien „zu wenig“. Gefühle sind häufig von Angst gesteuert, etwas zu verlieren oder in einen Nachteil zu geraten. Doch Jüngerschaft fragt: „Was ist mein nächster treuer Schritt?“ Vielleicht ein Anruf, eine Bewerbung, ein Lernblock, ein Besuch – kleine Gehorsamsschritte, die Gott multiplizieren kann, so wie die wenigen Brote.
Mit Dank als Gegenkultur, kann auch Glauben gelebt werden. Jesus dankt bereits, bevor die Menge satt ist. Führe eine „Vor-Dank-Liste“. Dinge, für die du dankst, noch ehe sie sichtbar sind. Z.B. Weisheit für ein Gespräch, Kraft für eine Schicht bei der Arbeit, Frieden für eine Sorge. Der Dank weitet den Horizont.
Eine andere Möglichkeit ist das Teilen statt horten. Mangel drängt zum Klammern und Egoismus. Die Nachfolge öffnet aber die Hand. Teile deine knappe Zeit. Schenke Aufmerksamkeit. Teile auch Materielles, auch wenn du es knapp hast – nicht erst, wenn „genug“ da ist. In Gottes Ökonomie ist Teilen kein Verlust, sondern Teil des Wunders.
Viele vergessen oft, dass Glaube durch Gemeinschaft sich entwickelt. Gemeinschaft funktioniert als Brot-Körbe: Die Jünger tragen, sammeln, verteilen. Such dir Menschen, die dir den Versorgungsblick einüben. z.B. Hauskreis, Mentorin, Freund. Glaube im Mangel ist Teamsport, nicht Solo-Kunst.
Wichtig ist auch das Erinnern, statt an den eigenen Ängsten zu ertrinken. Schreibe eine „Sättigungs-Chronik“. Wo hat Gott dich versorgt? Alte Geschichten sind Anker gegen neue Panik.
Vielleicht bleibt dein Einkaufswagen heute halbleer, weil du dir nicht mehr leisten kannst. Aber das heißt nicht, dass Gottes Hand leer ist. „Fleisch bleibt Fleisch“ – ja. Aber Christus bleibt Christus. Derselbe, der sieht, dankt, bricht, teilt. Glauben im Mangel heißt, mit seiner Fürsorge zu rechnen, bevor die Körbe voll sind. Lass dich herausfordern, den Blick zu heben. Weg vom Loch im Netz, hin zur Hand des Vaters. Und dann tu den nächsten treuen Schritt. Wer so lebt, entdeckt, dass Hoffnung kein Luxusartikel ist, sondern das tägliche Brot derer, die von Gottes Hand gespeist werden.
Vielen Dank fürs Lesen!
Dein Peter
Es waren wenigstens viertausend Menschen.
Markus 8, 9