Jesus trägt dein Versagen

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Am Bahnsteig tippt ein junger Mann fahrig auf seinem Handy, löscht, tippt neu. Ich kann es erkennen. Er schreibt einer Person, die er enttäuscht hat. Der Cursor blinkt wie ein kleines Metronom der Scham. „Sorry, ich hab’s vermasselt.“ – Senden oder doch nicht? Hinter ihm rauscht ein Güterzug vorbei: viel Last, viel Lärm. Und plötzlich dachte ich: So hört sich das Innenleben an, wenn Schuld auf den Schultern drückt. Die gute Nachricht? Es gibt einen, der Lastwagen fährt, wenn wir nicht mehr können. „Jesus trägt dein Versagen.“ Das ist nicht fromme Kalendersprache, sondern die zentrale Behauptung des Evangeliums – und Luthers kühne Pointe zu 1.Petrus 2, 24: „Durch seine Striemen seid ihr heil geworden.“

Hier wird die Lautstärke der Bibel aufgedreht. Christus wird zum allergrößten Sünder und Versager – nicht, weil er selbst schuld hatte, sondern weil er die Schuld und das Versagen der ganzen Welt auf sich nahm. Das ist Fremdzurechnung. Unsere Schuld wird ihm angerechnet, seine Gerechtigkeit uns. Paulus legt nach: „Er hat den, der ohne Sünde war, für uns zur Sünde gemacht, damit wir durch ihn zu der Gerechtigkeit kommen, mit der wir vor Gott bestehen können.“ (2. Korinther 5, 21). Das Kreuz ist der Ort, an dem der größte Versager der Weltgeschichte steht – Christus als Stellvertreter –, damit wir nicht mehr selbst als Versager vor Gott stehen müssen.

Hier findet ein forensischer Tausch im Gerichtssaal Gottes statt. Auf der Anklagebank sitzen Paulus (Gotteslästerer, Verfolger), Petrus (Verleugner), David (Ehebrecher, Mitwisser am Mord) – und mit ihnen alle, die je versagt haben. Das Urteil? Schuldig! Doch dann tritt Christus vor den höchsten Richter und sagt: „Rechne mir ihre Akte zu. Ich nehme den Schuldspruch auf mich.“ Er wird, rechtlich gesprochen, zum Träger unserer Tat-Schuld (nicht zum Täter). Gleichzeitig legt er uns seinen Freispruch, seine Gerechtigkeit ins Konto. Martin Luther nannte das damals den „fröhlichen Wechsel“. Das Ergebnis dieses Rollentauschs bedeutet, du stehst nicht mehr unter Verdammnis. Du bist nicht verloren. Galater 3, 13 nennt es so: „Von diesem Fluch des Gesetzes hat Christus uns freigekauft, indem er an unserer Stelle den Fluch auf sich genommen hat, denn es steht geschrieben: Wer am Holz hängt, ist verflucht.“ Dieser Tausch ist kein Spiel mit Worten, sondern Bluternst. Heil – also mit Gott eins sein und mit ihm im Reinen sein. Das ist nicht billig, aber geschenkt.

Niemand versagt zu groß für Gottes Gnade. In der Bibel finden wir „Vorbilder des Versagens“. Diese sind nicht abschreckende Museumspuppen, sondern Spiegel. Wer sagte: „Ich bin zu weit gegangen“? Paulus hätte genickt. Wer senkte den Blick, weil die Angst lauter war als die Liebe? Petrus weiß, wie sich das anfühlt. Wer hat Beziehungen ruiniert? David kennt die Narben. Und doch: Allen wurde vergeben – nicht, weil sie plötzlich perfekt wurden, sondern weil Christus ihre Akten übernahm.

Wenn Jesus vergibt und dafür Blut fließt, dann darfst und musst du dir selbst auch dein Versagen vergeben. Wenn du das nicht machst, dann entwertest du das Opfer Jesu. Er will dir die Schuld abnehmen und du nimmst dieses Angebot nicht an? Viele Christen glauben theoretisch an Vergebung, führen aber praktisch Buch über sich. Wenn der Richter dich freigesprochen hat, musst du nicht mehr der Ankläger deiner eigenen Seele sein. Sich selbst in den Arm nehmen ist kein Narzissmus, sondern Gehorsam gegenüber der Gnade. Wer getragen wird, muss nicht mehr Likes hamstern, Lob erschnorren, Applaus jagen. Identität aus Christus befreit von der Sucht nach Bestätigung durch Mitmenschen.

Wer den forensischen Tausch ernst nimmt, zeigt die Auswirkung einer lebendigen Beziehung zu Jesus:

  • Wahrhaftigkeit statt Imagepflege: Wir sagen die Wahrheit, auch wenn sie kostet.
  • Barmherzigkeit statt Schamkultur: Wir decken Fehler, Verfehlungen und Versagen nicht zu, aber wir stellen auch nicht an den Pranger, um die andere Person fertig zu machen.
  • Verantwortung statt Ausreden: Wir reparieren, was wir beschädigt haben.
  • Großzügigkeit statt Mangelmodus: Frei von Anerkennungsjagd teilen wir Zeit, Geld, Aufmerksamkeit.
  • Versöhnungsbereitschaft: Weil uns vergeben ist, setzen wir den ersten Schritt.

Am Bahnsteig des Lebens blinkt der Cursor nicht ewig. Drück „Senden“ – zuerst zu Christus: „Ich hab’s vermasselt.“ Du hörst die Antwort des Kreuzes: „Ich trage.“ Dann geh zum Nächsten und lebe, als wärst du frei – weil du es tatsächlich bist.

Vielen Dank fürs Lesen!

Dein Peter


In seinem Körper hat er unsere Sünden auf das Holz hinaufgetragen, damit wir – für die Sünden gestorben – nun so leben, wie es vor Gott recht ist. Durch seine Striemen seid ihr heil geworden.

1.Petrus 2, 24