Neulich hängt der Livestream: drei Sekunden Buffering – und sofort beginnt das Leiden und alle tippen zum Ausgleich ungeduldig aufs Smartphone. Dabei haben wir früher ohne Murren drei Tage oder länger auf eine Paketlieferung gewartet. Unser Zeitempfinden ist dünnhäutig geworden. Paulus aber setzt einen Kontrast, der unser Timing sprengt: „Unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit“ (2. Korinther 4, 17). Drei Sekunden gegen Ewigkeit – das ist sein Maßstab. Leid ist kein sinnloser Ausrutscher, sondern Ort von Gottes Ehre und Trost.
Paulus nennt Leiden „eine Drucksituation“, „einen Engpass“ oder als „momentan und leicht“. Nicht es sich subjektiv leicht anfühlt, sondern weil es in Relation steht zu einem „ewigen Gewichts an Herrlichkeit“. Martin Luther spricht bei diesem Thema sogar davon, dass das Kreuz ist kein „schlechtes Ding“, sondern ein „köstliches Heiligtum“ ist. Warum? Weil Gott sich gerade dort als Helfer erweist und unser Glaube gerade dort Wurzeln schlägt.
Christliches Leiden lässt sich sinnvoll unterscheiden: Geistliches Leiden, damit sind Anfechtungen um des Glaubens willen gemeint – Spott, Benachteiligung, innere Kämpfe, das Kreuz der Nachfolge. Hier greift Luthers harte, tröstliche Linie: „Es ist tausendmal besser um Christi willen leiden“, weil Christus gerade damit Trost, Nähe und Verheißung verknüpft.
Aber es gibt auch das weltliche Leiden. Es umfasst Krankheit, Verlust, wirtschaftlichen Druck und Unrecht – Dinge, die alle Menschen treffen. Nicht alles Leid ist von Gott gewollt. Vieles ist Folge einer gefallenen Welt. Damit ist gemeint, dass die Welt nicht nur voller einzelner Fehltritte, sondern strukturell „aus der Spur“ geraten ist – Beziehungen, Körper, Natur, Systeme. Das Leiden ist seit dem ersten Ungehorsam gegenüber Gott zu einem festen Bestandteil unseres irdischen Lebens geworden. Sozusagen ein Naturgesetz.
Trotzdem behält Gott die Kontrolle und lässt uns nicht in Stich und überlässt uns unserem Leid, sondern kann selbst weltliches Leiden mit Sinn füllen – zur Reifung, zur Solidarität mit Leidenden, zur Hoffnung, die trägt. Doch sehr wichtig ist, dass Christen das Leid nicht romantisieren und führen es auch nicht bewusst herbei. Sie fliehen das Böse, d.h. dem Bösen aus dem Weg gehen. Sie heilen und sind Vermittler oder Brückenbauer, wo es möglich ist. Wehren Unrecht und tragen das Unabwendbare im Vertrauen.
Die Welt ist wie ein Smartphone mit Haarriss im Display. Es funktioniert noch viel – manchmal sogar erstaunlich gut –, aber der Riss zieht sich durchs Ganze. Das Evangelium verspricht keine billige Folie gegen den Riss, sondern die echte Erneuerung des Geräts – angefangen im Herzen, vollendet, wenn Gott „alles neu macht“.
Unser Leiden in unserem Körper und in dieser Welt hat nur eine kurze Zeitdauer. Unser Leben ist begrenzt – 70, 80, 90 Jahre. Stell dir einen Fortschrittsbalken vor: 1 Pixel oder 1 Millimeter für dein gesamtes Leben, daneben eine Leinwand, die endlos nach rechts weiterläuft. 1 Pixel im Vergleich zu einer unendlichen Linie – so setzt Paulus die Relation. Darum nennt er reale, schmerzliche Trübsal „leicht“: nicht, weil sie klein wäre oder er es herunterspielen will, sondern weil die dem Gegenüber stehende Herrlichkeit unendlich groß ist.
Welches Leiden trifft dich im Augenblick? Ist es um Christi willen – geistliches Leiden – oder unverschuldetes weltliches Leid? Beides darfst du Gott klagen, beides will er begleiten. Die besonderen Trostworte der Nachfolge aus der Bergpredigt oder in den Briefen der Apostel sprechen vor allem ins geistliche Leiden hinein. Widerstehe dabei jedem Fatalismus. Denn christliche Leidensbereitschaft ist kein Passivbleiben. Wir suchen Heilung, holen uns Rat, stehen für Gerechtigkeit ein. Wir wählen nicht das Leiden – wir wählen Treue, auch wenn Treue etwas kostet. Wenn du deinen nächsten „Buffering-Moment“ hast, dann sag dir leise: „Drei Sekunden vs. Ewigkeit.“ Und bete kurz: „Herr, richte meinen Blick auf die Herrlichkeit.“ Was dir gerade weh tut und Leid verursacht, es vergeht. Die Herrlichkeit in Ewigkeit bleibt.
Erwarte Gottes Ehre im Kleinen: eine Nachricht zur rechten Zeit, eine offene Tür, ein Mensch, der bleibt. Gott lässt uns nicht hängen. Und wenn du Trost empfängst, lass diesen Trost nicht liegen. Sprich mit anderen darüber, was dich getröstet hat und tröste andere. So wird Leid nicht verschwendet, sondern verwandelt.
Vielen Dank fürs Lesen!
Dein Peter
Denn die kleine Last unserer gegenwärtigen Not schafft uns ein unermessliches ewiges Gewicht an Herrlichkeit…
2. Korinther 4, 17