Halte fern von mir den Weg der Lüge und gib mir in Gnaden Dein Gesetz!
Psalm 119, 29
Eine andere Bibel übersetzt diesen Vers so: Entferne von mir den falschen Weg und begnadige mich mit Deinem Gesetz! Der Sinn ist zwar derselbe, aber hier werden stärkere Ausdrücke gebraucht; hier ist von einer Begnadigung die Rede!
Für das Wort Gesetz gibt es verschiedene Synonyme; z.B. Diktat, Befehl, Erlass, Gebot, Order, Paragraph, Vorschrift usw. Und in der Tat: Das Gesetz steht für Härte und absolute Disziplin! Wie anders ist es jedoch beim Ausdruck Gesetz im Sinne von Psalm 119. Da steht dieses Wort zwar auch für Ordnung und Zucht, aber nicht in drohender Gebärde, sondern als eine Begnadigung. Gib mir in Gnaden Dein Gesetz, sagt der Psalmist; oder wie die andere Übersetzung es sagt: Begnadige mich mit Deinem Gesetz! Wie ist das zu verstehen?
Nun, das Gesetz Gottes – d.h. Gottes Wort – zu empfangen, ist tatsächlich eine aussergewöhnliche Gnade; und zwar auch dann, wenn es sich um ein strafendes, und ermahnendes Wort handelt.
Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur
Erziehung in der Gerechtigkeit,
schreibt Paulus in 2. Timotheus 3, 16. In diesem Sinne ist also der Empfang eines jeglichen Wortes Gottes eine Gnade. Denn sollte es mich nicht trösten oder ermutigen, dann ermahnt oder bestraft es mich vielleicht. Und haben wir nicht gerade dieses Letzte oft nötig? Müssen wir nicht von Zeit zu Zeit mit dem Innersten unseres Herzens konfrontiert werden?
Ich denke schon. Nun, genau das macht das Wort: Es ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens (Hebräer 4, 12). Unser Psalmist brauchte wahrscheinlich auch in diesem Sinne die Begnadigung des Wortes; zumal er den Herrn bittet: Halte fern von mir den Weg der Lüge!