Wie schwer fällt es uns oft, die Fehler oder Schwächen anderer zu ertragen! Stattdessen erwarten wir oft, dass die Menschen in unserem Umfeld alles richtig machen – so, wie wir es uns in unseren Köpfen ausmalen. Wir reden über die Schwächen der anderen. Rollen die Augen und wünschen uns manchmal einfach, dass diese „schwierigen Menschen“ aus unserem Leben verschwinden. Am liebsten hätten wir nur Frieden und Ruhe, ohne uns mit den Macken anderer herumzuschlagen.
Wer sich das leisten kann, zieht sich zurück, geht auf Distanz, schiebt andere weg. Und um das Ganze zu rechtfertigen, redet man sich ein, es sei ja nur fair. „Ich habe ja nur die Gerechtigkeit im Blick. Ich will keine schwierigen Leute um mich haben, sondern nur solche, die so gut und anständig sind wie ich.“
Und genau da liegt das Problem. Besonders diejenigen, die meinen, sie seien „weiter“ als andere – sei es durch Bildung, ihren Glauben, ihre Moral oder ein angeblich tadelloses Leben – neigen dazu, die Schwächen anderer von oben herab zu betrachten. Sie fühlen sich besser, stärker und erheben sich über die anderen. „Was nicht meinem Maßstab entspricht, ist minderwertig“, denken sie. Sie richten über die anderen. Verurteilen und ignorieren sie – und am Ende fühlen sie sich noch großartig dabei, weil sie sich selbst für vorbildlich halten.
Dieses Denken ist heute genauso aktuell wie damals. Man sieht es in sozialen Medien, wo sich die einen ständig über die Fehler der anderen auslassen, und in der Gesellschaft, wo wir uns oft in unsere Informationsblasen zurückziehen und Menschen mit anderen Meinungen oder Schwächen meiden.
Aber Paulus fordert uns im Römerbrief auf, einen anderen Weg zu gehen: die Schwächen der anderen nicht nur zu tolerieren, sondern aktiv mitzutragen. Vielleicht nicht plump und oberflächlich, sondern tiefer und pragmatischer Lösungen finden, die ein liebevolles Tragen sind.
Das bedeutet, dass wir aufhören müssen, nur auf uns selbst und unsere eigene Empfindlichkeit und Verletzlichkeit zu schauen. Die Fehler der anderen groß und die eigenen klein zu machen.
Es heißt, dass wir die Fehler und Macken unserer Mitmenschen nicht als Anlass für Verurteilung sehen, sondern als von Gott geschenkte Möglichkeit, um Liebe, Geduld und Barmherzigkeit zu leben.
Jesus hat uns genau das vorgelebt: Er hat die Schwachen – darunter auch von der damaligen Gesellschaft ungeliebte Personen – nicht zurückgewiesen, sondern sie in ihrer Not angenommen und ihnen neue Hoffnung gegeben. Er hat nicht über ihre Fehler gerichtet, sondern sie mit Liebe ertragen – sogar bis ans Kreuz.
Was wäre, wenn wir in unserem Alltag versuchen würden, genauso zu handeln? Was wäre, wenn wir die „Gebrechlichkeiten“ anderer nicht als Last sehen, sondern als Gelegenheit, Gottes Liebe sichtbar zu machen? Das ist kein leichter Weg. Aber es ist der Weg, zu dem wir als Christen berufen sind.
Am Ende ist es keine Schwäche, die Schwachen zu tragen – es ist wahre Stärke. Wir sollen nicht nur stark sein, sondern diese Stärke zeigen. Und in einer Welt, die oft nur auf eigene Vorteile bedacht ist, können wir ein Zeichen der Hoffnung setzen, indem wir sagen: „Ich trage mit, ich verurteile nicht, ich liebe.“
Vielen Dank fürs Lesen!
Dein Peter
Wir aber, die wir stark sind, sollen der Schwachen Gebrechlichkeit tragen und nicht Gefallen an uns selber haben.
Römer 15, 1