Liebe Freunde des Evangeliumsnetzes,

immer wieder geschieht es, dass Geschwister im Glauben in einen Streit miteinander geraten oder in einen Streit hineingezogen werden, der sie nicht betrifft.
Häufig – wenn man das große Ganze betrachtet – ist ein zutiefst menschlicher Grund die Ursache für erbitterte Auseinandersetzungen.
Dann werden viele Kleinigkeiten sehr verletzend empfunden und jeder empfindet die eigene Opferrolle als schwerwiegender, als die des anderen. Dabei wird selbstverständlich erwartet, dass Rücksicht auf die eigene Situation und das eigene Empfinden genommen wird.

Doch wie sieht es umgekehrt aus?

Leider verlassen den Beteiligten die Fähigkeit zur Reflektion und die Bereitschaft zum geistlichen Handeln.

Nein, es kommt zuweilen sogar noch schlimmer. Eigenes Fehlverhalten wird in eine geistliche Hülle gesteckt.

Es gibt in solchen Konflikten immer eine Wechselwirkung in der Opfer-Täter-Rolle die zu durchbrechen gilt. Dabei spielen viele psychologische Faktoren eine Rolle, häufig gut geschmückt mit Eitelkeiten, Revier- und Machtkämpfen. Aber auch einsetzender Altersstarrsinn oder krankhafte Verhaltensweisen können Einflussfaktoren sein.
Doch all dieses Wissen nützt nichts, wenn man selber in solch einem Strudel gefangen gerät oder nahezu Ohnmächtig zusehen muss, wie ehemals fruchtbare Arbeit zerstört wird.

Doch was lehrt uns die Bibel, wie man als Beteiligter damit umgehen soll?

Schauen wir uns als erstes Matthäus 18,15-17 an:

“Sündigt aber dein Bruder an dir, so gehe hin und strafe ihn zwischen dir und ihm allein. Hört er dich, so hast du deinen Bruder gewonnen.
Hört er dich nicht, so nimm noch einen oder zwei zu dir, auf daß alle Sache bestehe auf zweier oder dreier Zeugen Mund.
Hört er die nicht, so sage es der Gemeinde. Hört er die Gemeinde nicht, so halt ihn als einen Zöllner oder Heiden. ”

Hier wird eine klare Empfehlung gegeben, in welcher Eskalationsform miteinander umgegangen wird.

Hier sagt Jesus in der Matthäus-Stelle, dass der erste Schritt, die direkte Kommunikation miteinander sein sollte.
In der Praxis wird jedoch oft innerlich das Urteil gesprochen und der Streitpartner wird schlimmer als ein Nicht-Christ behandelt.

Im zweiten Eskalationsschritt sollte eine Schlichtung angegangen werden, mit Hilfe von einem oder zwei vertrauten Personen.
Heutzutage ist der Begriff des Mediators oder Coaches verbreitet, früher wurde zeitweise unbefangen vom Seelsorger gesprochen.
In der Praxis wird – auch das ist menschlich – der Weg über die (relative) Öffentlichkeit gesucht. Alternativ wird konspirativ hier und da eine Bemerkung fallen gelassen und man versucht Freunde/Verbündete zu gewinnen. Das sind nur allzu menschliche Verhaltensweisen.

Im letzten Schritt geht es schliesslich um die Offenbarung der eigenen Unfähigkeit mit einem für geistlich gesinnte Menschen überflüssigen Streit fertig zu werden.

Fällt etwas auf?

Jesus erklärt im Matthäus-Evangelium die Eskalationsstufen und in der Praxis verhalten sich die gläubigen Menschen in der emotionalen Auseinandersetzung entgegengesetzt.

In der Bibel wird auch von einem Streit zwischen Abraham und Lot berichtet (1.Mose 13). Das Problem wird – die Bibel berichtet nicht sehr ausführlich darüber, aber so wie man Streitigkeiten zwischen Hirten aus der Antike kennt, wird es sehr wahrscheinlich sehr derbe Auseinandersetzung gegeben haben – oberflächlich betrachtet einfach gelöst: “Gehst du dahin, gehe ich in die andere Richtung. Gehst du in jene Richtung, gehe ich in die andere.”
Mit der Gewissheit, dass Gottes Segen mit ihm gehen wird, überläßt Abraham seinem “Gegner” Lot großzügig die Wahl der vermeintlich besseren Weidelandschaft.
Nochmals: Unabhängig davon, ob Abraham nach rechts oder links gegangen ist, Abraham wurde von Gott nicht verlassen und trotzdem gesegnet.
Abraham hat daraus keinen Glaubenskrieg werden lassen. Er wußte um Gottes langen Atem und Macht.

Was kann uns davon abhalten, Gottes Gebrauchsanweisung für unser Miteinander anzuwenden? Was ist das Wesentliche im Miteinander?

Mit freundlichen Grüßen aus Berlin

Munir Hanna
für das Evangeliumsnetz e.V.