Aber Jesus rief sie zu sich und sprach: Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein unter euch; sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener; und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht.

Matthäus 20, Verse 25 – 27

Vor einiger Zeit befasste sich eine Fernsehsendung mit den Gründen für die
“Erbfeindschaft” zwischen Deutschland und Frankreich, die glücklicherweise einer “Erbfreundschaft” gewichen ist.

Verfolgt man die Geschichte wird erkennbar, dass es immer ums Vereinnahmen und ums Beherrschen des jeweils anderen ging. Jeder wollte der Größte sein und eine Vormachtsstellung innehaben, durch die er dem jeweils anderen seine Bedingungen und Vorstellungen aufdrücken konnte.

So war das nicht nur im deutsch-französischen Verhältnis. So ging und geht
es bis heute in der gesamten Weltgeschichte zu.

Jetzt könnte man vielleicht sagen:

Die einfachen Menschen wollen ihre Ruhe haben und in Frieden leben. Es sind die Mächtigen, die ihre Großmachtsträume, politischen Vorstellungen, Eroberungsgelüste und Weltverbesserungsideale verwirklichen wollen, wozu dann die jeweiligen Untertanen die Köpfe hinhalten müssen, wobei Letzeres dazu führt dass dann auch ein Hass zwischen den Völkern entsteht.

Ich denke aber, dass das zu einfach ist.

Das deshalb, weil sich genau das, was zwischen den verschiedenen Herrschern und den verschiedenen Völkern abläuft, auch im alltäglichen menschlichen Miteinander abspielt. Egal ob in der Familie, in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz oder in menschlichen Vereinen und Zusammenschlüssen.

Immer und überall geht es um Rangkämpfe und daraus resultierend um
Macht und Überlegenheit, und im harmlosen Fall um sportliche Wettkämpfe oder Wettbewerbe. Rangkämpfe müssen dabei nicht offen zutage treten. Zumeist geschieht das “Ausstechen” des anderen unterschwellig und hinterrücks.

Das ist zutiefst (nicht nur) in der menschlichen Natur verwurzelt und der “einfache Mann” unterscheidet sich vom Mächtigen nur dadurch, dass Letzterer auf einem “höheren Niveau” agiert und intrigiert, dadurch mehr Möglichkeiten hat und damit mehr anrichten und bewegen kann.

Selbst der “Freiheitskämpfer” der sich gegen die Unterdrückung durch die Mächtigen wehrt, dabei siegt und an die Macht kommt, verhält sich danach kein bisschen anders, als derjenige, der das Feld räumen musste.

Und nun sagt Jesus, dass es unter den Seinen, also den Christen, so gerade
nicht sein soll. Der Größte und Stärkste zeichnet sich, nach Jesu Worten, gerade dadurch aus, dass er nicht den Ton angibt und über andere herrscht, sondern dass er ein Diener und Knecht all der anderen ist. Und Jesus weist dabei auf sich selbst, als den, der sich gerade so verhält.

Das bedeutet auch hier die Umwertung aller Werte. Im Reich Gottes sind alle unsere Maßstäbe und Vorstellungen ins Gegenteil verkehrt.

Die Christen haben immer wieder versucht, sich den Worten Jesu entsprechend zu verhalten, und dazu wurden Klöster und karitative Werke gegründet, wo es aber auch “menschelte”. Ist es uns überhaupt möglich aus unserer Haut zu schlüpfen und unserer natürlichen Programmierung zu entkommen?

Das wird uns immer nur ansatzweise und ein Stückweit gelingen. Aber mit der
Hilfe unseres Herrn Jesus Christus und unter der Leitung des Heiligen Geistes sollten wir immer wieder damit anfangen, um so Stück um Stück zu wachsen.

Wir werden dann erkennen, dass wir dadurch, dass wir anderen beistehen und diesen entgegenkommen, nichts verlieren, sondern im Gegenteil, bereichert werden. Das rechte Dienen, als praktizierte Nächstenliebe, hat nichts mit devoter Unterwürfigkeit oder sich “zum Deppen machen lassen” zu tun. Hier geht es vielmehr um Demut, dem Mut zum Dienen, durch das der Dienende selbst am meisten beschenkt wird.

Deshalb sollten wir immer wieder den Mut zum Dienen aufbringen.

Jörgen Bauer