Und als es das dritte Siegel auftat, hörte ich die dritte Gestalt sagen: Komm! Und ich sah, und siehe, ein schwarzes Pferd. Und der darauf saß, hatte eine Waage in seiner Hand. Und ich hörte eine Stimme mitten unter den vier Gestalten sagen: Ein Maß Weizen für einen Silbergroschen und drei Maß Gerste für einen Silbergroschen; aber dem Öl und Wein tu keinen Schaden!

Offenbarung 6, Verse 5 und 6

Es geht hier um Gerichtshandeln Gottes. Wie alles Gerichtshandeln, von dem
die Offenbarung spricht, soll auch dieses zur Umkehr rufen, wobei in der Offenbarung immer wieder schmerzlich angemerkt wird, dass die Menschen, obwohl ihnen Gott dies und das an Nöten schickte, nicht von ihren verkehrten Wegen abließen.

In den heutigen Versen geht um die Überteuerung von Grundnahrungsmitteln. Ein Maß Weizen, was dem in der Offenbarung genannten, etwas einem Liter entspricht (es gibt hinsichtlich des Maßes
unterschiedliche Angaben), kostet einen Silbergroschen, was dem Tageslohn eines Arbeiters entsprach. Bei der geringerwertigen Gerste, die auch als Viehfutter verwendet wurde, fällt die Teuerung etwas günstiger aus.

Die sehr fundierte Wuppertaler Studienbibel kommentiert hierzu unter
anderem:

“Öl und Wein stehen für die Luxusartikel der Reichen, die sich nach wie vor
ihren Luxus zu verschaffen wissen und auf nichts zu verzichten brauchen,
während die übrige Bevölkerung darbt. Vielleicht wäre sogar für alle genügend
Nahrung zu beschaffen; niemand bräuchte zu hungern, aber Gleichgültigkeit,
Egoismus und Bestechlichkeit haben die soziale Verantwortung zerfressen und
zerstört. Zum Hunger kommt der Hass.”

Dieser Tage wurde wieder von den verantwortungslosen Spekulationen mit Nahrungsmitteln (Warentermingeschäfte und ähnlichem) berichtet, bei denen einige wenige gewaltige Gewinne machen, während in den armen Ländern die Preise für die Grundnahrungsmittel derartig ansteigen, dass tatsächlich fast der gesamter Tageslohn für Nahrungsmittel ausgegeben werden muss, so
dass für andere Dinge nichts mehr übrigbleibt.

Es war ja beabsichtigt, derartige Geschäfte gesetzlich zu untersagen. Aber die Finanzwirtschaft und die Lobbyisten verstehen es, die Dinge zu beschönigen, entsprechende Regelungen hinauszuschieben, zu unterlaufen und zu verwässern.

Das, was in der Offenbarung steht und was dazu kommentiert wird, trifft
derzeit für manche Teile der Welt vollumfänglich zu.

Aber warum lässt Gott das zu?

Auf diese Frage finden wir keine Antwort. Erklärbar ist das allenfalls dadurch,
dass Gericht Gottes auch darin besteht, dass er den Menschen ihren Willen
lässt und sie dann die Folgen ihres Tuns tragen lässt. Und die Folgen können sein, dass Gott den Frieden von der Welt nimmt und es zu Revolutionen, Krieg und Unruhen kommt.

Und weil wir alle irgendwo auch von den ungerechten Verhältnissen in der Welt
profitieren – ohne dass uns das immer bewusst wird, wenn wir beim Kauf von
Produkten für wenig Geld möglichst viel bekommen wollen – trifft Gericht Gottes dann immer auch alle.

Als Christen können wir betend in den Riss treten, den die Sünde als Trennung von Gott verursacht und, soweit uns das möglich ist, unseren bescheidenen Teil dazu beitragen, dass die Ungerechtigkeit – von der das Neue Testament sagt, dass sie immer mehr zunehmen wird – einigermaßen erträglich bleibt.

Jörgen Bauer