Gott spricht:
»Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.« So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen.
Römer 9, Verse 15 und 16

Gott will:
dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der
Wahrheit kommen.
1. Timotheus 2, 4

Handelt Gott willkürlich oder will ER tatsächlich jeden retten? Zwischen
den Aussagen im Römerbrief und denen im Brief an Timotheus scheint
sich ein Widerspruch aufzutun.

Und tatsächlich führt „Gottes freie Gnadenwahl, so lautet die Überschrift
im Römerbrief, immer wieder zu Schwierigkeiten und Irritationen. Denn
wenn es allein an Gott liegt, ob ich gerettet werde oder nicht, weil eige-
nes Bemühen überhaupt nichts bringt, kann ich dann überhaupt verant-
wortlich gemacht werden?

Aber liegen die Dinge wirklich so einfach?

Ich denke nicht, denn eigentlich liegt die Aussage in Römer 7 völlig auf
biblischer Linie, wonach wir Gott gegenüber keinerlei Ansprüche haben,
uns allein der Glaube rettet, wobei dieser ein Geschenk Gottes ist.

Und ein Geschenk erfolgt immer aus Liebe und damit freiwillig, ohne
jeden Zwang und ohne jede Verpflichtung. So jedenfalls schenkt Gott.
Nur unter Menschen mag das manchmal anders sein.

Wenn sich Gott eines Menschen erbarmt, dann deshalb, weil das Sein
freier Entschluss ist. Für das Schenken Gottes gibt es kein Limit, des-
halb kann sich Gott eines jedes Menschen in dieser Weise erbarmen.

Nun sagt Jesus aber auch, dass viele berufen aber nur wenige auser-
wählt sind (Matthäus 22 ,14). Heißt das nun doch wieder, dass Gott
willkürlich handelt und es eine Vorherbestimmung gibt, wie das schon
in der Prädestinationslehre behauptet wurde?

Andererseits sagt Jesus auch, dass die Ernte groß ist, aber es nur
wenige Arbeiter hat (Matthäus 9, 37), was soviel bedeutet, dass es
eine große Zahl von Menschen für das Reich Gottes einzusammeln
gilt.

Woran liegt es nun, dass die einen zum Glauben kommen und die
anderen nicht? War Gott den „Anderen“ gegenüber etwa nicht gnädig?
Das aber kann nicht sein, weil Gott nicht ungerecht ist, wie Paulus
in Römer 9, 14 schreibt.

Was mir dazu einfällt sind Forschungsergebnisse im Bezug auf das
Kaufverhalten, wonach eine Entscheidung im Unterbewusstsein
getroffen wird, die dem Käufer erst bewusst wird, wenn er sich kon-
kret für ein Produkt entscheidet und den Kauf tätigt.

Wenn jemand einen bewussten Entschluss fasst und ausspricht, dann
also nicht spontan, wie es manchmal den Eindruck hat, sondern weil
schon lange vorher die Weichen dafür gestellt wurden.

Daraus zu schließen, dass der Mensch keinen freien Willen hat, wie
es schon geschehen ist, wäre sicher falsch, wenngleich Martin Luther
vom unfreien Willen des Menschen sprach, wenn auch in einem an-
deren Zusammenhang. Luther ging es um die Bindung des Willens an
die Sünde.

Die Bibel spricht hier vom Herzen des Menschen, als dessen tiefsten
innersten Wesenskern, in dem die Entscheidungen fallen und aus dem
auch alle bösen Gedanken kommen, für die wir aber trotzdem verant-
wortlich sind. Und Gott sieht das Herz an, während der Mensch nur
das sieht, was vor Augen ist, wie die Schrift sagt.

Dass unsere Entscheidungen im Herzen getroffen werden, auch wenn
das nicht immer sofort bewusst wird, wird erkennbar wenn wir plötzlich
spüren, dass dieses oder jenes Angebot „genau das Richtige“ für uns ist.

Das Erbarmen Gottes hängt von der Herzenshaltung des Menschen
ab. Erwählt ist demnach derjenige, der sich hat erwählen lassen und
das sind, geht man nach dem äußeren Eindruck, nur wenige.

Es bleibt ein Geheimnis, warum die einen „erwählt“ sind und die ande-
ren nicht. Sicher ist nur soviel, dass Gott nicht ungerecht ist, denn das
würde seiner Heiligkeit und absoluten Gerechtigkeit widersprechen.

Wir können niemanden ins Herz sehen und deshalb auch nicht urteilen,
sondern Gott nur bitten, dass ER Menschenherzen verändert, denn ER
kann „Menschenherzen lenken wie Wasserbäche“, uns selbst im Glauben
bewahrt und als Arbeiter für seine Ernte zubereitet und gebrauchen kann.

Jörgen Bauer