Irgendwie bin ich immer noch im Reiseleiter-Modus …
Ich hab´mir gedacht: Ich nehm´euch jetzt mit ins „Brothaus“!
Nein! Nicht zum Thollembeek!
Wir machen eine richtig schöne Reise inclusive Zeitreise, wie wir´s von der Ausstellung schon kennen – nach Bethlehem!

Der Ortsname „Bethlehem“ ist eine Zusammensetzung aus zwei hebräischen Worten:
Beth – das Haus und Lechem – das Brot – zusammen also „Brothaus“!

Also: Ein Ort, wo´s einem gut gehen sollte! Wo man sich keine Gedanken machen muss, wo das Essen herkommen soll! … Ist das so???

Für uns alle ist „Bethlehem“ ja tatsächlich eher ein Begriff fürs „Ankommen“ – für Advent:
Bethlehem ist der Geburtsort von Jesus! Und der Geburtsort von David – das weiß bei uns noch fast jedes Kind!
Aber was wisst ihr sonst noch von Bethlehem?

Ich führ´ euch jetzt zuerst mal durch das Bethlehem von Heute!
Es ist eine Stadt mit ca 30 000 Einwohnern, grenzt im Norden fast an Jerusalem – ist aber von Jerusalem seit 2003 durch eine 8 m hohe Mauer getrennt, die einen Kilometer durch Bethlehem verläuft und Teil der 759 km langen Grenze zwischen dem Staat Israel und dem sogenannten „Westjordanland“ ist.
Bethlehem wurde 1995 abgetrennt vom Staat Israel und gehört seither zum sogenannten „Autonomiegebiet“ der Palästinenser. Da hat die „Fatah“ das Sagen!
Die Mauer wurde vom Staat Israel gebaut, weil von Bethlehem her ständig Terroranschläge auf zivile Einrichtungen verübt wurden.
Das stellt für uns Deutsche einen besonderen Bezug her: wir wissen, wie das ist, wenn eine Stadt durch eine Mauer getrennt wird vom Umland …
Bethlehem ist für Israelis seit dem Jahr 2000 gesperrt – seit 2010 haben aber 50 israelische Reiseleiter eine Sonder-Lizenz zu Führungen mit Touristen.
In Bethlehem leben heute Araber; genauer: Palästinenser!
Was aber sehr besonders ist:
60% waren vor dieser Trennung Christen; nur 40% Muslime. Nach fast 30 Jahren seit der Abtrennung sind es mittlerweile nur noch 20% Christen. Die anderen haben Bethlehem verlassen. Denn:
Christliche Palästinenser sitzen zwischen allen Stühlen: Sie können weder von Israel noch von Palästina her auf Unterstützung hoffen – deshalb gibt es missionarische Projekte, die diese Minderheit unterstützt!

Da wären wir schon beim Thema „Brot“ – wie sieht´s damit aus im „Brot-Haus“ heute?
Ein großer Teil der Bevölkerung ist arbeitslos, lebt am Rande der Armutsgrenze! 20% arbeiten für den Tourismus – Corona gab einen schweren Einbruch!
2 Mio Besucher aus aller Welt kommen pro Jahr nach Bethlehem – die meisten im Dezember – da ist „Ankunfts-Zeit“ in Bethlehem – fast wie vor 2000 Jahren: „…denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge!“ Alle Hotels bis zum letzten Bett ausgebucht!
Ein Teil arbeitet in Israel in der Hotelbranche!!! Tägliche „Grenzgänger“ sozusagen. Sie verdienen dort 4mal soviel wie in ihrer eigenen Stadt.
In Bethlehem arbeiten sie als Holzschnitzer, verkaufen im Basar Krippenfiguren aus Olivenholz – bei christlichen Touristen sehr beliebt! Aber die Händler sind auch sehr bedrängend – Klar: Bei ihnen geht´s ums Überleben!

Wenn dann Corona noch zuschlägt, wird aus dem „Brothaus“ ums Rumkucken ein „Nothaus“!
Und ich muss euch sagen: Das ist nichts Neues für Bethlehem!
Bethlehem ist in seiner langen Geschichte schon oft vom „Brothaus“ leider zu einem „Nothaus“ geworden!

Deshalb nehme ich euch jetzt mit auf eine „biblische Zeitreise“ durch Bethlehem!
Die ist mindestens so spannend und spannungsgeladen wie die Gegenwart! Und immer hatten diese Geschichten auch etwas mit „Ankunft“ zu tun!

Bei der ersten biblischen Erwähnung kam schonmal ein Baby an – sogar heiß ersehnt von der Mutter! Bei einer Nomadenfamilie! Sie zelteten gerade in der Nähe von Bethlehem mit ihren Herden! Klar! Fruchtbare Gegend – Brothaus eben! – Bethlehem hieß damals noch Efrata – später wird oft ein Doppelname daraus: Bethlehem-Efrata!)

Es war ihr zweites Kind, ein Junge!

Aber sie kann das Glück nicht genießen – sie stirbt bei der Geburt und sie gibt ihm kurz vor ihrem Tod deshalb noch einen sehr besonderen Namen: Ben-OniSohn meines Unglücks! Der Name dieser Mutter: Rahel!
Der Vater benennt den Jungen später um: Benjamin – Sohn meines Glücks! Er will dem Jungen diesen schrecklichen Namen nicht antun! Was für ein Glück für den Jungen!!! Benjamin – der jüngste Sohn von Jakob; mit 10 Halb-Brüdern und einem „Ganz-Bruder!
Ihr merkt schon: das vermeintliche „Brot-Haus“ wurde gleichzeitig zum „Trauer-Haus“ für die Familie …
Die Nomadenfamilie zog dann auch weiter …

Bei der zweiten biblischen Erwähnung wird aus dem Brothaus ein echtes „Nothaus“: Kein Brot – wirtschaftliche Rezession! Manche verlassen Bethlehem, um als sogenannte Wirtschaftsasylanten im Ausland zu leben … Warum denn? Der Krieg mit Nachbarländern hat alles kaputt gemacht – die Ernten zerstört.
Bethlehem ist umkämpft!

Übrigens – das liegt im Namen „Bethlehem“ auch schon mit drin:
Lechem“ ist auch verwandt mit dem hebräischen Wort für Wort „Kampf“! Da ist viel Wahres dran im Leben!

So ist das tatsächlich:
Das „Brothaus“ ist immer auch eine Art „Kampfgebiet“ – da geht´s oft um den Lebenskampf. Ums Überleben. Und der Stärkere gewinnt den Kampf. Der Schwächere geht leer aus. Das ist die dunkle Seite im Brothaus.

Ein Jahrzehnt später kommt eine einsame Frau mit einer Schwiegertochter wieder zurück nach Bethlehem! Ihr Mann und die beiden Söhne haben den Überlebenskampf verloren; sie waren gesundheitlich zu schwach.
Noomi und Ruth – die beiden bettelarmen Frauen kämpfen gemeinsam um einen Platz in Bethlehem! Und Gott schenkt ihnen diesen Platz – anders lässt sich diese Wende zum Guten – sogar zum Besonderen!! – nicht erklären!
Nicht nur ein Wohnplatz im Brothaus – sondern gleichzeitig bekommen sie einen Platz im Stammbaum Jesu! Sie sind angekommen in Bethlehem! Advent kommt in ihr Leben!

Eine super Geschichte, die so nur Gott selbst schreiben kann …!

Bei der dritten wichtigen Ankunft in Bethlehem geht´s wieder sehr spannend zu:
Samuel kommt an! Der erste große Prophet für das Volk Israel!
Gott schickt ihn persönlich nach Bethlehem – ausgerechnet in die Sippe von Noomi und Ruth! Genau gesagt: zu ihrem Urenkel Isai – und einer ihrer Ur-urenkel ist dessen jüngster Sohn David!
Dieser Besuch endet in einer heimlichen Krönungs-Zeremonie – nach Gottes Plänen soll David der nächste König von Israel werden!

Bibelleser kennen seine Geschichte gut:
Er muss sich vielen Überlebenskämpfen stellen – sag ich´s mal so: „Bethlehem“ wird er nie ganz los: Brothaus – Kampfhaus – Nothaus. Es bleibt, wie es ist – auch wenn jetzt Jerusalem seine Hauptstadt ist!

So ziehen 2000 Jahre wechselvolle Geschichte über Bethlehem weg – und es gibt Bethlehem immer noch!!!

Denn auf Bethlehem – dem Brothaus – liegt eine ganz große Vorhersage! Die hat Gott dem Propheten Micha anvertraut:

Und du, Bethlehem-Efrata (Doppelname!), die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.

Micha 5, 1

Aber Michas Vorhersage geriet bald in Vergessenheit, weil er nicht so bedeutend war wie sein Zeitgenosse Jesaja; sie verstaubte in den Archiven des Volkes Israel – bis König Herodes sie ausgraben ließ und Bethlehem in ein „Schlachthaus“ verwandelte! Es ist der schlimmste Kampf, den das „Brothaus“ in seiner Geschichte zu verkraften hatte: Der Kindermord von Bethlehem.
Aber unfassbar gleichzeitig war diese Zeit auch das „High-Light“ in Bethlehems Geschichte! Die Vorhersage erfüllt sich!
Sie macht Bethlehem unvergessen in unserer Weltgeschichte!
Die wichtigste „Ankunft“ auf unserer Erde!
Gott wird Mensch und kommt in Bethlehem an: Christ, der Retter ist da!

Später wird genau dieses Kind, das in einer Stall-Höhle von Bethlehem – zuerst so völlig unbeachtet zur Welt kam, die wichtigste Aussage zum „Brothaus“ machen, die es je gab!
Zu allen „Brothäusern“ – egal wo sie verstreut sind weltweit!
Er war schon ein erwachsener Mann und stand mitten unter einem Haufen von Leuten, die auch um ihr Überleben kämpften und die auf der Suche nach „Schnäppchen“ waren! Sie suchten alle leicht verdientes Brot! Sie wollten sich nicht mehr abrackern müssen! Sie wollten ein leichteres Leben haben und deshalb rannten sie jedem hinterher, der ihnen das annäherungsweise versprach!

Wenn ich das so überdenke – dann ist das wie heute! Es hat sich seit weiteren 2000 Jahren nichts geändert:
Wir wollen alle raus aus dem Nothaus! Dafür machen auch wir schnell und oft ein Kampfhaus draus! Kämpfen mit harten Bandagen gegeneinander und miteinander gegen dritte.
Wir sagen „Wettbewerb“ dazu – aber eigentlich sind es harte Kämpfe ums Leben und Überleben:
Arbeitskämpfe (Streiks) / Ressourcenkämpfe (seltene Erden) / Territorien-Kämpfe (Ukraine, Palästinenser, China-Taiwan). Und alle hoffen sie – vor 2000 Jahren, heute, in Zukunft – irgendwann den sicheren Platz im Brothaus zu ergattern!

Aber dann stellt ER – JESUS sich damals auf!
Schaut sie reihum alle an!
Dann deutet mit seinem Zeigefinger auf sich! Und sagt den Satz:
ICH – er betont zuerst das Ich – ICH Allein!

Dann betont er jedes weitere Wort:
ICH BIN DAS BROT DES LEBENS!
Wenn ihr in eurem Leben das echte, wirkliche „Brothaus“ sucht – nicht das, das sich sofort wieder ins Kampfhaus und damit in ein Nothaus verwandelt!

Dann kommt! Kommt zu mir !
ER sagt das nicht aggresiv, nicht fordernd! Er will keinen neuen Kampfplatz aufmachen!
ER bittet! Bietet an! Lädt herzlich ein! Macht Mut! Traut euch! Kommt zu mir!

Warum sollten die damals das tun?
Er hatte doch selber nichts in der Hand außer 5 erbettelten Gerstenbrote und zwei Fischen!
Warum sollten wir das heute tun – zu IHM kommen?
Damals hat ER versprochen:
Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.

Und dann fügt er in einem Nachsatz hinzu:
Wer zu mir kommt, den werde ICH nicht hinausstoßen.

Also: Auskommen – Zufriedenheit – Erfüllung!
Und das alles ganz ohne Verteidigungs-Kämpfe!

Erinnern wir uns – dieser Nachsatz ist die Jahreslosung des Jahres 2022 gewesen!!! Gilt noch!

Kommt, wir gehen nach Bethlehem …“ – haben uns die Kinder gesungen!
„Bethlehem“ ist unser aller „Synonym“ geworden für Weihnachts-Nostalgie. Ob sich so unsere Bedürfnisse befriedigen lassen?
Besser wäre es, wenn wir uns alle miteinander heute morgen von Jesus, dem geborenen Bethlehemer, einladen!

Wohin?
Nicht nach Bethlehem im palästinensischen Autonomiegebiet! Da toben die Machtkämpfe und die Überlebenskämpfe – das haben wir genauso gut zu Hause in diesen Krisenzeiten!

Lassen wir uns für die kommende Adventszeit ganz neu einladen – weg von unseren üblichen „Brothäusern“! Weg von all unseren Lebens- und Verteidigungs- Kampfplätzen in sein „Brothaus“ – noch genauer: zu IHMpersönlich!

ER will unser Lebensbrot sein!
ER will in diesen kommenden Advents-Tagen wieder ganz neu unser Versorger werden!
ER will das nicht nur – ER kann das sein! Und ER ist das auch – nur ER allein!

Silke Traub
(Predigt zum 1.Advent)