Seht zu, dass ihr nicht einen von diesen Kleinen verachtet. Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen allezeit das Angesicht meines Vaters im Himmel.

Matthäus 18, Vers 10

Es war kein christliches – sondern ein Bergsteigerbuch, in dem ich folgende
Geschichte las:

Zwei Bergkameraden kamen bei einer Klettertour in arge Bedrängnis und
in Lebensgefahr, weil ihnen der Rückweg abgeschnitten war. Sie konnten
nur noch vorwärts, bergauf, ausweichen, mussten dazu aber einen Felsüberhang überwinden, den man nur bezwingen konnte, wenn man zu
dritt war und eben dieser dritte Mann fehlte.

“Ach wenn doch der Hans bei uns wäre, sagte einer der Männer.” Aber der Hans ist ja tot, abgestürzt, in den Bergen. Und während sie langsam in einen
Dämmerzustand verfielen, stand plötzlich Hans neben ihnen. Zu dritt schafften sie den Überhang, und erst dann wurde ihnen das Unmögliche des soeben Erlebten bewusst. Von Hans war aber nichts mehr zu sehen. Ob so ein
Engel aussieht weiß ich nicht.

Es ist so, dass sich manchmal die Tür zu unsichtbaren Welt ein Spaltbreit auftut. Und was die zwei Bergkameraden erlebt haben ist absolut kein Einzelfall.

Das Weltbild der Bibel geht von einer sichtbaren und einer unsichtbaren Wirklichkeit aus. Letzteres widerspricht unserem (einseitigen) rationalen
Verständnis, das dazu neigt, nur das Materielle, das Sicht- Mess- Wägbare,
das schlüssig, logische, als wirklich vorhanden zu akzeptieren.

Aber welchen Wert hat unser rationales Verständnis? Es ist sehr nützlich um sich in der sichtbaren Welt zu orientieren und zurechtzufinden, aber es kann keinesfalls schon das Maß aller Dinge sein. Dass dies völlig ausgeschlossen ist, wird bereits daran erkennbar, dass das “was die Welt im Innersten zusammenhält” für unser Verstehen, völlig unsinnig, widersinnig und unlogisch, kurzum irrational ist.

Die Bibel berichtet immer wieder von Engeln, die in Erscheinung treten, um eine Botschaft zu übermitteln oder auch ein Kind Gottes aus einer Notlage zu retten. Als Christen sind wir “von guten Mächten wunderbar geborgen”, wie Dietrich Bonhoeffer richtig dichtete. Und Martin Luther betete in seinem Abendsegen; “Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde.”

Die Engel sind dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer Willen,
die das Heil ererben sollen (Hebräer 1, 14). Und einige haben, ohne ihr Wissen, Engel beherbergt (Hebräer 13,2). Engel muss man den Engelstatus nicht ansehen, wobei es zu einfach wäre, wenn man den Engel auf einen Menschen reduzieren würde, der einem zur rechten Zeit zur Hilfe kam.

Engel sind mächtige Geisteswesen, die wir nicht anbeten oder verehren, mit denen wir aber rechnen dürfen.

Der 29. September, ein Sonntag, war der Michaelistag, an dem der Engel
gedacht wird.

Jörgen Bauer