Sind wir in der Endzeit?

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Wenn Nachrichten brennen und die Nacht nicht enden will, wächst eine uralte Frage neu auf: Sind wir Zeugen gewöhnlicher Unruhe – oder Vorboten der Endzeit?

Manchmal fühlt es sich so an, als rolle die Welt auf einen dunklen Höhepunkt zu. Nachrichten, die täglich von Gewalt, Verwirrung, Machtmissbrauch und gesellschaftlicher Spaltung erzählen, lassen viele fragen: „War es früher wirklich besser – oder droht heute der Zusammenbruch der Ordnung?“

Doch wer in die Geschichte schaut, merkt schnell: Schwere und leidvolle Zeiten begleiten die Menschheit von Anfang an. Schon die biblische Urgeschichte erzählt vom Sündenfall, von jener grundlegenden Entfremdung zwischen Gott und Mensch, aus der Misstrauen, Gier, Gewalt und Stolz wachsen. Später folgt die Sintflutgeschichte – ein Bild für eine Welt, die so sehr am Ende war, dass Gott sie zerstören wollte. In der Antike finden sich Grausamkeiten, dazu Kriegszüge, Versklavung und Opferkulte. Das Römische Reich, das viele Jahrhunderte eine Konstante war, zerfiel unter innerer Fäulnis und fehlender Anpassungsfähigkeit.

Die Expansion des frühen Islam erschütterte das alte Mittelmeerreich. Die Kreuzzüge als Antwort hinterließen Leid auf allen Seiten. Der Dreißigjährige Krieg, Pestepidemien, Kolonialisierung, Revolutionen, Weltkriege und ideologische Systeme kosteten Millionen Menschen das Leben.

Immer wieder fühlten sich Menschen dem Abgrund näher als der Zukunft. Und doch ist es verständlich, dass wir heute neu beunruhigt sind, wenn Ordnungen schwanken, Kriege aufflammen und vertraute Sicherheiten erschüttert werden. Vielleicht sind wir der „Endzeit“ diesmal tatsächlich näher als viele Generationen vor uns. Vielleicht aber erleben wir „nur“ eine weitere Welle jener Erschütterungen, die das biblische Bild der Welt prägen. Haben wir Grund, uns Sorgen zu machen und uns zu fürchten?

Was meint Jesus eigentlich, wenn er von der Endzeit spricht? Er wollte nicht die Sensationslust bedienen, keine Weltuntergangspanik verbreiten, sondern auf das Gericht hinweisen. Gericht heißt in der Bibel nicht in erster Linie Vernichtung, sondern Klärung. Gott setzt dem Unrecht eine Grenze. Er bringt Licht in das Chaos. Und für alle, die sich an Christus halten, ist dieses Gericht kein Schreckensmoment. Es ist der Augenblick, in dem sich endlich bestätigt, was er zugesagt hat: „Kommt her! Euch hat mein Vater gesegnet.“ (Matthäus 25, 34).

Christen sollen den Jüngsten Tag nicht fürchten, sondern hoffen. Nicht, weil sie besonders stark oder moralisch überlegen wären und auch nicht, weil die Rettung unsicher wäre, sondern weil Christus sie schon jetzt „zu denen zur Rechten“ stellt. Wer ihm vertraut, darf das Gericht als Heimkehr und Erlösung verstehen.

Und dennoch bleibt eine Frage, deren Antwort uns Orientierung geben soll: Wie leben wir in dieser Zwischenzeit?
Jesus macht es überraschend konkret. Er identifiziert sich mit den Hungrigen, Durstigen, Fremden, Kranken. Wenn wir ihnen dienen, dienen wir ihm. Und wenn wir es nicht tun, entgeht uns etwas Wesentliches von seinem Herzen. Barmherzigkeit ist für Jesus kein moralischer Wettbewerb, kein „Punktesammeln für den Himmel“. Barmherzigkeit ist Ausdruck einer lebendigen Beziehung zu ihm. Daran kann man auch die Christlichkeit mancher Menschen erkennen, wenn Barmherzigkeit im Reden und Handeln fehlt.

Wer Christus liebt, wird gütig, weil er Christus im Bedürftigen erkennt. Wer Christus über allem stellt, rennt nicht von einer Aufgeregtheit und Sensation zur nächsten. Und wer an Christus glaubt, spricht mit Hoffnung. Denn das Evangelium zieht unseren Blick nach vorn. Gottes Reich kommt. Wir beten es im Vaterunser – vielleicht auch mal gedankenlos. Aber es hat eine gewaltige Aussage: „Dein Reich komme. Dein Wille geschehe. Erlöse uns von dem Bösen.“ Dieses Gebet kann als tägliche Ausrichtung auf den kommenden Christus dienen.

Selbst wenn die Welt morgen unterginge, lohnt es sich heute, einen Menschen zu stärken, zu trösten oder auf Jesus hinzuweisen: einem Hungrigen ein Brot zu geben, einem überlasteten Mitmenschen zuzuhören, einem Zweifelnden die Freundlichkeit Christi spüren zu lassen. Wem das groß vorkommt, der darf klein anfangen: ein kurzer Besuch, ein Telefonat, ein offenes Ohr – alles kann ein Funken des kommenden Reiches sein.

Vielen Dank fürs Lesen!

Dein Peter


Dann wird der König zu denen auf seiner rechten Seite sagen: ‚Kommt her! Euch hat mein Vater gesegnet. Nehmt das Reich in Besitz, das von Anfang der Welt an für euch geschaffen worden ist! Denn als ich Hunger hatte, habt ihr mir zu essen gegeben; als ich Durst hatte, gabt ihr mir zu trinken; als ich fremd war, habt ihr mich aufgenommen;

Matthäus 25, 34-35