Und ich habe ihn zu deinen Jüngern gebracht, und sie konnten ihm nicht helfen. Jesus aber antwortete und sprach: O du ungläubiges und verkehrtes Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch erdulden? Bringt ihn mir her!

Matthäus 17,16-17

Da traten seine Jünger zu ihm, als sie allein waren, und fragten: Warum konnten wir ihn nicht austreiben? Er aber sprach zu ihnen: Wegen eures Kleinglaubens. Denn wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein.

Matthäus 17,19-20

Da ist ein Vater in großer Not. Sein Sohn ist mondsüchtig bzw. besessen, und wenn der Geist über ihn kommt, wird der Junge zu unmöglichem, lebensbedrohlichem, Tun getrieben.

Hilfe suchend wendet sich der Vater an die Jünger Jesu. Aber die können (leider) nicht helfen. Da wendet sich der Vater an den Meister, an Jesus, selbst.

Alle Synoptiker (Matthäus, Markus und Lukas) berichten diese Geschichte, wenn auch mit geringen Abweichungen, was auf die unterschiedlichen Sichtweisen der Berichterstatter zurückzuführen ist.

Dass alle davon berichten spricht dafür, dass dieser Geschichte eine besondere Bedeutung zukommt. Beim Vergleich der verschiedenen Berichte ist immer eines gleich:

Die Jünger können nicht helfen und Jesus äußert seinen Unmut über das „ungläubige und verkehrte Geschlecht“ und fragt „wie lange soll ich noch bei euch sein und euch ertragen?“

Interessante Frage: Wen meint Jesus wohl damit?

Wir wären auf den ersten Blick vielleicht geneigt, hier nur das „ungläubige Volk“ zu sehen, zumal auch der Vater des Jungen, wie Markus berichtet, Zweifel äußert.

Bei Matthäus wird allerdings besonders deutlich – was auch die Ausleger so verstehen – dass mit dem „nur schwer zu ertragenden, ungläubigen und verkehrten Geschlecht“ auch die Jünger Jesu selbst gemeint sind.

Jesus sagt seinen Jüngern, dass es ihr „Kleinglaube“ ist, der sie daran gehindert hat, den besessenen Jungen zu heilen.

Das ist sehr bemerkenswert und sollte uns hellhörig machen und fragen lassen, ob Jesus vielleicht Grund dazu hätte, auch über uns Unmut zu äußern.

(Ich gehe davon aus, dass dem so ist. Deshalb danke ich Jesus täglich im Gebet, dass er die Christenheit und damit uns trägt und auch erträgt.)

Und hier müssen wir uns immer wieder ermahnen und zurecht bringen lassen.

Die Wuppertaler Studienbibel kommentiert zu den heutigen Versen folgendes:

„Kleinglaube und Unglaube sind vor Gott dasselbe. Dieser Kleinglaube der Kinder Gottes bereitet dem Herrn mehr Schande und Unehre, als der Unglaube der Gottlosen.

Der Ausdruck „Berge versetzen“ ist eine damalige übliche Redewendung und bedeutet, etwa unmöglich Scheinendes möglich zu machen.

Der Glaube von dem Jesus hier spricht, ist allerdings nicht der Glaube den jeder Christ hat, sondern der vollmächtige Glaube als Gnadengabe Gottes.“

Auch wenn wir keine Vollmacht zum Heilen haben, müssen wir uns trotzdem fragen lassen, ob wir Jesus wirklich ernsthaft zutrauen, dass er unsere Gebete erhört und uns und andere aus Notlagen retten kann.

Wenn wir ehrlich sind, haben wir schon oft die Durchhilfe des Herrn erlebt und müssten eigentlich wissen, dass Jesus hilft. Trotzdem sinkt uns immer sehr schnell der Mut, wenn wir in eine kritische Situation kommen.

Da sind wir kein bisschen anders als die Jünger, die auch schnell verzagten, wenn es kritisch wurde und die sofort alles vergaßen, was Jesus bis dahin an Zeichen und Wundern, als Beweis für seine Vollmacht, getan hatte.

Wir können deshalb immer wieder nur das eine tun, was auch der Vater des Jungen tat: Er schrie: Ich glaube, hilf meinem Unglauben! (Markus 9,24) Glauben wir, dass Jesus uns erhört, wenn wir das von IHM erbitten? Hier fängt es bereits an, mit dem Glauben!

Jörgen Bauer