Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser prophetisches Reden ist Stückwerk.

1. Korinther 13, Vers 9

Wieviele, bis zu Mord- und Totschlag, gehende Streitigkeiten
und Zerwürfnisse, hätten vermieden werden können, wäre
dieser Vers beherzigt worden!

Als Christen stehen wir im Glauben und noch nicht im Schauen.
Glaube heißt deshalb aber nicht Beliebigkeit, sondern Festhalten an der Lehre des Evangeliums, wobei gleichzeitig klar sein
muss, dass sich das, was wir glauben nicht im klassischen
Sinne beweisen lässt.

So gesehen heißt “Glauben nicht wissen”, was allerdings Glaubensgewissheiten nicht ausschließt.

Aber gerade dieser Glaube, dass wir Gott vertrauen, ohne IHN
zu sehen – Jesus sagt: “Selig sind die nicht sehen und doch glauben” – ist das, worauf Gott den allergrößten Wert legt
und ohne den es unmöglich ist, Gott zu gefallen, wie die Schrift sagt.

Jeder Christ kommt dabei zu einer ganz individuellen Sichtweise. Eine geistige “Uniformierung” ist damit ausgeschlossen.
Das gilt es zu respektieren,was “Besserwisserei” in Glaubensfragen ausschließt.

Aber auch innerhalb der Menschheit gilt, dass all unser Wissen und Erkennen Stückwerk ist. Das gilt also nicht nur für die Theologie und für Glaubensfragen. Das soll uns tolerant werden lassen.

Toleranz heißt nicht, “dass alles relativ ist”, sondern, dass ich
bei meiner Überzeugung bleibe und dem anderen seine Überzeugung lasse, auch wenn ich meine, dass dieser total daneben liegt.

Zudem gilt: “Alles was wir wissen glauben wir”, wie der Theologe Paul Tillich sagte. Und das ist richtig! Alles, was wir wissen, haben wir gelernt, von Eltern, Lehrern, Ausbildern usw.
Wir sind davon überzeugt, dass das, was uns beigebracht
wurde, richtig ist, auch wenn sich noch niemand persönlich
davon überzeugt hat, dass die Erde einen Umfang von
40.000 km hat, in dem er das selbst nachgemessen hätte, um
nur ein Beispiel zu bringen. Und das gilt für alles andere auch.

Von daher sind Wissen und Glauben gar nicht so weit
voneinander entfernt, es kommt nur darauf an, wem ich glaube. Deshalb verbietet es sich auch gläubige Christen als
“rückständig” oder “geistig unterbelichtet” zu verlästern, wie
das seitens selbstgefälliger und sich klug dünkender atheistischer Kreise gern geschieht.

Denn für alle, egal ob sie nun im christlichen oder im philosophischen Sinne glauben oder unreflektiert das glauben, was ihnen täglich durch die Medien als “richtig” vermittelt wird, gilt: “Unser Wissen ist Stückwerk” und diese Erkenntnis soll
zu Demut, Bescheidenheit, Geduld und Nachsicht führen.

Jörgen Bauer