Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.

Matthäus 22, Vers 14

In der Bibel ist immer wieder von “erwählen” und “Erwählung”, die Rede.
Diese Begriff haben schon immer zu theologischen Auseinandersetzungen geführt und viele Menschen belastet, die befürchteten, nicht erwählt zu
sein.

Zu denken ist hier an die “Prädestinationslehre”, wo gelehrt wird, dass alles vorherbestimmt ist. Nicht nur Glück und Erfolg bzw. Unglück und Misserfolg, sondern auch wer in den Himmel kommt und wer in die Hölle kommt, soll demnach vorherbestimmt sein.

Zu einer solchen Lehre kommt es, wenn Aussagen der Bibel isoliert betrachtet und nicht im Kontext der gesamten biblischen Offenbarung gesehen werden. Eine Vorherbestimmung würde schon deshalb dem Wesen Gottes widersprechen, weil ER sich damit selbst in ein festgefügtes Ablaufschema eingebunden hätte, dem ER selbst nicht entrinnen könnte.

Auch der Mensch hätte dann keine Entscheidungsfreiheit mehr, sondern wäre
in ein zwanghaft ablaufendes Schema eingebunden. Ein solcher Schicksalsglaube wäre zutiefst unchristlich und widergöttlich.

Nach biblischem Zeugnis ist es aber tatsächlich Gott der beruft und erwählt, weshalb Jesus sagen kann: “Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.” Aussagen wie, “ich habe mich bekehrt”, “ich habe mich für Jesus entschieden” usw. entsprechen lediglich unserem subjektiven Empfinden.

Aber wie hängen Berufung und Erwählung zusammen? Beides Begriffe, die verschieden verstanden werden können und sich zum Teil auch
überschneiden.

Ich möchte das mal so zu erklären versuchen:

Berufen und gerufen sind alle Menschen, die das Evangelium hören. Und damit sind es nicht alle Menschen, sondern viele, die berufen sind.

Durch die Verkündigung des Evangeliums bereitet Gott den Menschen zu, damit er zu einem JA finden kann und damit zu den Erwählten gehört. Deshalb
kommt der Glaube durch die Predigt, wie Paulus schreibt.

So ist es Gott, der den Glauben wirkt. Und es ist tröstlich zu wissen, dass der Glaube keine persönliche Leistung ist, zu dessen Erhaltung ständig persönliche Anstrengungen nötig wären. Der Glaube ist somit ein Geschenk Gottes, das selbst nicht machbar ist. Das entlastet uns, wenn es uns nicht gelingen will, einen Menschen zum Glauben zu führen.

Wer durch sein JA von Gott erwählt ist, darf sich seiner Erwählung freuen und muss nicht verzagen, wenn er in Nöte und Glaubenszweifel gerät, weil Gott treu zu ihm steht. Werden wir untreu, so bleibt ER dennoch treu, denn ER kann sich nicht selbst verleugnen, lesen wir in der Schrift.

Ist Gott nun ungerecht, wenn ER den einen erwählt und den anderen nicht?

Das ist Gott ganz gewiss nicht.

Denn im Grunde geht es hier so zu wie im wirklichen Leben. Dass wir uns für oder gegen etwas entscheiden, ist kein blinder Zufall, sondern hängt damit zusammen, dass wir, ohne dass uns das immer bewusst wird, entsprechend vorgeprägt sind.

Anders als bei Konsumprodukten, wo eine Werbung unsere geheimsten Wünsche anspricht und dadurch zu einer Entscheidung führt, geht es beim Glauben um eine Sache, die tief im Menschen angelegt ist, wenn sie auch bei den meisten “verschüttet” ist.

Dem soll die Verkündigung des Evangeliums entgegenwirken, das den Menschen in seinem Innersten anspricht. Wer dann ehrlich gegen sich selbst ist, gesteht sich ein, dass das Evangelium wahr und damit das “Eigentliche” ist, auf das es ankommt.

Trotz solcher Erklärungsversuche bleibt die Berufung und Erwählung für uns ein Geheimnis, das nur Gott kennt. Wir wissen nicht, woran es liegt, dass der eine zum Glauben kommt und damit erwählt ist und der andere nicht.

Es liegt aber ganz gewiss auch am einzelnen Menschen, der andernfalls nicht dafür verantwortlich gemacht werden könnte, wenn er Gottes Heilsangebot abgelehnt hat. Aber wo genau die Schnittstelle zwischen Gottes Wirken und unserem JA ist, bleibt uns verborgen.

Es würde deshalb nicht weiterführen hier Theorien zu entwickeln und nach Erklärungen zu suchen. Wir dürfen uns daran freuen, wenn wir zum Glauben gekommen und können darauf vertrauen, dass Gott, der uns erwählt, hat, auch ans Ziel bringt.

Jörgen Bauer