Ihr sollt den Herrn, euren Gott, nicht versuchen, wie ihr ihn versucht habt in Massa

5. Mose 6, Vers 16

Gott versuchen, das kann bedeuten, Gott auf die Probe zu stellen, indem man z.B. etwas höchst Gefährliches tut, um herauszufinden, ob man von Gott bewahrt wird. Diese Bibelstelle kommt etwas abgewandelt auch im Neuen Testament (Matthäus 4) vor. Dort wird berichtet, dass der Teufel Jesus auf die Zinne des Tempels führte und ihn aufforderte, sich hinab zu werfen. Dabei verwies der Teufel darauf, dass Gott versprochen hatte, seinen Engeln zu befehlen, ihn auf Händen zu tragen und zu bewahren. Jesus lehnte mit dem Hinweis auf den heutigen Bibelvers ab.

Aber so spektakulär muss das „Gott versuchen“ gar nicht sein.

Vor Jahren wurde von einer christlichen Familie berichtet, die durch eine Katastrophe Haus und Hof verlor und dann mittellos dastand. „Das ist Gericht Gottes“, wehklagte die Frau, die in diese Richtung forschte.
Der Grund, warum die Familie mittellos dastand war eigentlich viel naheliegender: Es stellte sich heraus, die Familie hatte keinerlei notwendige Versicherungen abgeschlossen oder Vorsorge getroffen, die den Schaden reguliert hätten.

Es gibt gläubige Menschen, die in allen Stücken auf Gott vertrauen und Vorsorge oder Versicherungen als Zeichen mangelnden Gottvertrauens und damit letztlich Unglaubens ansehen und daher als für sie nicht infrage kommend sehen. Hier lassen sich viele biblische oder fromme Aussagen finden, wonach wir uns nicht auf Menschen, sondern allein auf Gott verlassen sollen. Aber in der Bibel wird auch von Menschen berichtet, die als kluge Menschen bezeichnet werden, weil sie vorausschauend planen und Vorsorge treffen (z.B. Matthäus 25).

Mit einer solchen Auffassung, bei der man bewusst vermeidbare Risiken eingeht, indem man es „darauf ankommen lässt“, wird Gott – meines Erachtens – versucht.

Etwas ganz anderes ist es, wenn sich jemand zum Abwenden einer akuten Gefahr oder zur Rettung eines oder mehrerer Menschenleben, selbst in Gefahr begibt und dazu Gott um Seinen Beistand bittet. Hier kann sich Gott als Nothelfer und Retter erweisen.

Jörgen Bauer